Warum hies die Deutsche Reichsbahn so in der DDR?

  • Hallo an alle,


    das hab ich mich schon lange gefragt und bis jetzt keine Antwort darauf bekommen:


    Warum hies die Deutsche Reichsbahn in der DDR so und nicht anders? Z.B. Deutsche Volksbahn etc.


    Soweit ich weiß, war man ja in der DDR stets bemüht, sich von allen "faschistischen" Bezeichnungen zu distanzieren, warum also so eine eindeutige Bezeichnung mit Bezug zum Deutschen Reich für so einen grossen Staatsapparat?


    Das leuchtet mir irgendwie nicht ein, dass man für alles eine möglichst "sozialistische" Bezeichnung gefunden hat ("Jahresendflügler" usw.), und nur für die "Reichsbahn" nichts ähnliches.


    Weiß jemand warum?

  • Wikipedia hilft da etwas weiter:


    Die Staatsbahn in der Sowjetzone – ab 1949 DDR – behielt die Bezeichnung „Deutsche Reichsbahn“ aus statusrechtlichen Gründen bei. Sie umfasste die Reichsbahndirektionen Berlin, Cottbus, Dresden, Erfurt, Greifswald, Halle, Magdeburg und Schwerin. Die Deutsche Reichsbahn behielt auch die Betriebsrechte für den Eisenbahnverkehr einschließlich der S-Bahn im Westteil Berlins. Der zunehmende Ost-West-Konflikt wirkte sich auch unmittelbar auf die S-Bahn aus und gipfelte im S-Bahn-Boykott nach dem Mauerbau.


    Gruß
    Al

    • Offizieller Beitrag

    Die Reichsbahn hieß Reichsbahn, weil sie die Nachfolge der Reichsbahn vor ' 45 antrat. Es gab auch Diskussionen bezüglich einer Umbenennung, die aber aus verschiedenen Gründen scheiterten. Zum einen war die Frage nach einem "besseren" neuen Namen. Hier gab es tatsächlich Vorschläge wie "Deutsche Demokratische Staatsbahn" oder "Deutsche Reisebahn". Als nächstes gab es die Frage nach den Kosten: Die DDR war chronisch klamm und man kann sich sicher ausmalen, was es gekostet hätte, ein solch großes Unternehmen mit einem neuen Namen zu versehen. Neben der Umlackierung der Züge wäre eine Unmenge von weiteren Ausgaben auf die Reichsbahn zugekommen. Der wichtigste Grund war jedoch ein rechtlicher. Die Reichsbahn hatte aufgrund eines Beschlusses der Alliierten die Betriebsrechte für die Eisenbahn in West-Berlin. Dieses wichtige Privileg konnte und wollte man nicht dadurch gefährden, indem man sich von der früheren Reichsbahn distanzierte.


    Ausführlicher ist das Ganze unter anderem in diesem Buch aufgeschrieben. Ich habs im Moment nicht vorliegen, aber so in etwa hab ich es darin gelesen. Auch http://www.mdr.de/mdr1-radio-thueringen/1931070.html stützt die obigen Aussagen.


    Und auch Wikipedia spricht:


    MfG
    Ralf


    P.S.: Die "Jahresendflügelfigur" hält sich hartnäckig als Treppenwitz der Geschichte. Irgendwann kam mal auf, dass dies "im Osten" die gebräuchliche Formulierung für nen Weihnachtsengel gewesen wäre. Um mir jetzt lange Romane zu ersparen, gibts nur nen Link: http://www.spiegel.de/kultur/g…aft/0,1518,456541,00.html

  • Es gab in der DDR, bzw. in der SBZ, noch mehr Dinge die stark
    an das III. Reich erinnerten. Nehme man die Uniformen der NVA,
    die Dienstgradabzeichen und einige andere Dinge. Auch im Be-
    zug auf die Beschäftigung und Früherziehung der Jugend sind
    durchaus Paralelen zum III. Reich zu erkennen, wie die Pioniere,
    die FDJ und die GST. Nur das es in der DDR unter dem sozialist-
    ischen Deckmantel praktiziert wurde.


    Gruß Stephan, der alle dieser 3 Organisationen mit durchlaufen hat.

    "Vegetarier" ist indianisch für "zu doof zum jagen"

  • die uniformen der nva beruhen auf die preußische tradition und der weimarer republik:-) ist keine erfindung der nazis die nva sah sich ja in der tradition der vortschrittlichen kräfte: siehe: "geschichte der nva" militärverlag der ddr

  • Ein kleines Schmankerl am Rande:
    Wenn man "www.reichsbahn.de" im Browser eingibt, landet man automatisch auf der Seite der Deutschen Bahn.
    Wahrscheinlich wollte die Bahn nicht, dass tausende DDR-Internetnutzer sich neue Lesezeichen in ihren "Einheitsnetzanseher" einspeichern mussten. :))

  • Da hab´ ich noch eine bessere Frage: Wieso tagt der Bundestag noch immer im Reichstag(sgebäude) ?


    Hätte das nicht zuerst umbenannt werden müssen? Bundeswehr, Bundesbahn, Bundeskanzler, Bundespräsident, ... ???
    Hat es vielleicht etwas damit zu tun, dass die Volksvertreter an ihrer eigenen Nase immer zuletzt ziehen (siehe Rauchverbot fürs Volk), und außer es geht ums Geld, versteht sich ?


    Na, Prof?

    Die Dummen haben das Pulver nicht erfunden. Aber sie schießen damit.

  • Bundeswehr / Bundeskanzler usw sind ja alles Institutionen und Personen
    die alte Instutionen und personen ersetzen die alten wurden also abgeschafft


    Der Deutsche Reichstag ist ein Gebäude und imho hat er einen Namen und gut.


    Er wurde ja nicht abgeschafft und durch was anderes ersetzt. Wenn er nun abgerissen wird und da was anderes hinkommt dann wäre ich auch für ne Umbenennung.

  • Aber wehrlose Straßen und Plätze benennt man alle wieder um? Und dort tagt niemand repräsentativ.

    Die Dummen haben das Pulver nicht erfunden. Aber sie schießen damit.

    • Offizieller Beitrag

    Das Reichstagsgebäude wurde errichtet, lange bevor der Begriff "Reich" so einen negativen Beigeschmack bekam. In diesem Gebäude tagt der Deutsche Bundestag. Damit hab ich kein Problem. Der Palast der Republik hieß auch noch so, nachdem es die betreffende Republik nicht mehr gab (und nu isser bald weg).


    MfG
    Ralf

  • Mensch, Prof, nun disqualifizier Dich doch nicht selber ! Wie lange gabs denn die Reichsbahn schon, dass man sie nun unbedingt Bundesbahn nennen müsste ? Da hab´ ich noch viel weniger Beigeschmack, und trotzdem hat man es getan. Auch der arme Reichsadler, der seit 1433 keinem was getan hat, muss nun als Bundesadler weiterfliegen. Nicht, dass ich das ganze Thema irgendwie für wichtig halte, aber unlogisch ist es schon. Immerhin hat das vormalige Reichsparlament das Reichstagsgebäude bauen lassen und ist für seine Namensgebung verantwortlich. Wenn nun in späterer Zeit ein bitterer Beigeschmack hinzugekommen ist, hätte man sich genauso wie bei allen anderen Sachen auch von dessen Namen verabschieden müssen, zumal man jetzt als Bundestag darin tagt. Wenigstens wäre es logisch.

    Die Dummen haben das Pulver nicht erfunden. Aber sie schießen damit.

    • Offizieller Beitrag

    Kann man machen, muss man aber nicht. Wie gesagt, ich hab damit kein Problem.


    Reichs/Bundesbahn, Reichs/Bundesadler, Reichs/Bundestag bezeichnen allesamt Institutionen bzw. Symbole, die ihren Namen wechselten, als das Reich obsolet war. Das Reichstagsgebäude widerum ist ein Gebäude, was nunmal unter dem Namen "Reichstag" bekannt ist. Man darf nur nicht die Hülle mit der im Inneren tagenden Institution durcheinanderwürfeln. Es gibt so viele Gebäude, die einen Namen tragen, der nichts mehr mit der ursprünglichen Bestimmung zu tun hat. Da kräht auch niemand nach Umbenennung.


    Aber wenn du dich unbedingt beschweren magst, weils dich so sehr belastet:


    Deutscher Bundestag
    Platz der Republik 1
    11011 Berlin
    Telefon: 030 - 227 - 0


    MfG
    Ralf

  • Ich finde es eher schade, dass der Palast der Republik abgerissen wird.
    Er hat irgendwie Charakter und hätte besser für zeitgeschichtliche Ausstellungen o. ä. getaugt, als Neubauten.


    Soll nicht irgendwo da ein Stadtschloss neu gebaut werden?
    Welche Funktion und welchen genauen Namen soll das haben?


    Gruß
    Al

    • Offizieller Beitrag
    Zitat von Alfred

    Soll nicht irgendwo da ein Stadtschloss neu gebaut werden?
    Welche Funktion und welchen genauen Namen soll das haben?


    Der Palast fällt der gleichen Ideologie zum Opfer wie das Stadtschloss, welches zuvor dort stand. Er war ein Symbol des Systems, welches nun endlich besiegt wurde. Mit dieser Begründung ließen sich in den 50er prima die Reste des Schlosses sprengen und beim Palast sagt man es zwar nicht öffentlich, aber traurig ist die Administration sicher nicht, wenn er weg ist.


    Zur Nachnutzung: Weils Geld fehlt, ist da nach dem Abriss erstmal grüne Wiese, eventuell wird eine Kunsthalle in Leichtbau für die Übergangzeit errichtet. Wenn das Geld dann da ist (so um 2012 rum), wird ein neues Gebäude mit der historischen Fassade errichtet, Google sollte unter dem Stichwort "Humboldtforum" was ausspucken.


    Alles in allem ein echtes Trauerspiel.


    MfG
    Ralf

    • Offizieller Beitrag
    Zitat von Shadowrun

    Na ja Asbest raus und neu aufbauen hätte auch gekostet

    Ohne Frage. Aber der Großteil vom Asbest war ja seit Jahren schon draußen. In der Zwischenzeit wurde der leere Rohbau für Ausstellungen oder Kunstprojekte genutzt. Das hätte man - selbst bei Entscheidung pro Stadtschloss - auch noch beibehalten können, bis die Finanzierung für den Neubau steht.


    Statt dessen wurde für teures Geld der Abriss beschlossen, obwohl die Finanzierung der Nachnutzung noch völlig ungewiss war. Man nahm also Geld in die Hand, um eine innerstädtische Brache zu schaffen. Aber man wird auf diese Weise natürlich das Symbol los.


    Ich hab mir jetzt nicht die Mühe gemacht, eine Rechnung aufzusetzen. Aber ich wage die Behauptung, dass eine voillständige Sanierung des Palastes nicht teurer gewesen wäre als die Kosten für den Abriss + den Neubau des Humboldt-Forums.


    MfG
    Ralf

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