Moin,
Tja, wie kam es zu meinem Interesse an der Schwalbe? Mein Garagennachbar kreuzt im Sommer immer so tiefenentspannt mit seinem Baumarkt-Retroroller auf. Und das, obwohl er einen SL besitzt. Ich hab das registriert, mir aber noch nichts dabei gedacht.
Szenenwechsel - einer meiner Kumpels von der Schrauberhalle hat wieder mal was neues, was er da gerade poliert. Eine kleine Vespa, frühe Automatik-50er.
"Hasse wieder wat neuet?"
"Ja, hm, mal gucken."
"Wat iss dat denn?"
Erklär.
"Und wie wird sowat gehandelt?"
"Ja hm, weiß noch nicht ob, selten, nicht billig ... bla. Für dich?"
"Jupp. So´n bisken rumtöffeln. Wie mein Garagennachbar."
"Ja hm, weiß noch nicht ob, selten, nicht billig ... bla"
"Was gäbs denn da für Alternativen?"
"50er Vespa - nur 45 - Verkehrshindernis. Schwalbe - aber mittlerweile auch nicht mehr billig...aber schnell -60."
Soso, Schwalbe. Hab ich schon mal gehört. Kumpel vom Kumpel hat eine. Schwalbe, hm...
Die Idee gärt und nimmt Fahrt auf...
10 Minuten nachdem ich den Kaufen-Button für "das Buch" gedrückt habe kommt die SMS rein, die Automatikvespa wäre zwar selten und demzufolge nicht billig, aber jetzt zu haben. Tja, da muß er zusehen...
Die erste Schwalbe, die ich mir life angeschaut habe, stand ganz in der Nähe. Für knappe 580€ wurde ein nicht schickes, aber fahrbereites Exemplar avisiert.
Also flott nach der Arbeit hin. Verkäufer nicht da, Papa schiebt den bereits aus der Entfernung nach muffigem Keller riechenden Vogel raus.
"Probefahrt geht nicht, der Reifen hinten ist platt..."
Unter anderem. Der Handbremshebel fehlte, der Gaszug hing am Lenkerende an der frischen Luft. Dafür sprang das Ding (kalt) auf den ersten Tritt an. Der Tank schien ebenfalls sauber.
"Papiere? Nee, die haben wir nicht mehr. Ja, die steht jetzt schon etwas..."
Schien mir auch so, und so steht sie noch heute - aktuell für 520 Ocken.
Da mir die erste Besichtigung noch kein Fahrerlebnis beschert hat, habe ich das gezielt gesucht. In der "wer-wohnt-schon-in-Düsseldorfer" Piratenbucht gibt es einen Rollerverleih, der Schwalben im Angebot hat. Also an einem schönen Herbstsamstag hin.
Scheibenhonig, ist das kompliziert. Hab ja noch nie auf so einem Hobel gesessen. Also erst einmal eine halbe Stunde Fahrschule. Hab ich geschwitzt. Dann direkt auf die Hauptstraße zum tanken. Hab ich noch mehr geschwitzt. Danach wurde ich in die freie Wildbahn vulgo Wohngebiet entlassen und bin dort alle Straßen rauf und runter gefahren. Ich denke, die kennen und hassen mich da jetzt ALLE. Aber die Schalterei geht jetzt schon immer besser vom Fuß. Und holla, ist das Maschinchen flott (/2 mit Vape). Ich komm aus dem Schwitzen gar nicht mehr raus. Liegt aber auch am Wetter. Und, hey, Schwalbefahren macht Spaß! Richtig Spaß! So ein Ding muß her! Ich ahnte es. Auch wenn mir der Hintern hinterher ("Wie, jetzt schon?") weh tat...
Was folgte, ist - na klar - Internetrecherche. Und die Überlegung, was für eine Schwalbe es überhaupt werden soll. Ausgangspunkt der Überlegungen war ein möglichst junges Modell, schicker Zustand, alles gemacht. Andererseits wird der Vogel eh nur bei Schönwetter bewegt und muß keine Alltagsaufgaben wahrnehmen. Und so komplett alles auf Hochglanz? Irgendwie auch nicht mein Ding. Die frühen /1er gefallen mir ganz gut. Und etwas abgerockt - soll man doch sehen, wo der Schaltsocken für Dekaden am Beinschutz entlang gschrammelt ist - darf sie eignetlich auch sein. Da erkennt man sein Exemplar auch wieder. Tundragrau oder dieses lindgrün finde ich passend. Nur zuverlässig und ohne große absehbare Schraubereien sollte die Schwalbe sein. Top Technik unterm schrabbeligen Panzer scheint allerdings noch weniger verbreitet zu sein als miese Technik unter frisch gepulvertem Blech. Aber eine Top-Schwalbe auf alt zu trimmen, da käme ich mir ebenfalls wie ein Verräter vor.
Fürs Wochenende ist die Besichtigung eines "schicken", komplett gemachten Exemplars in der Nähe und einer halb gemachten Schwalbe in Thüringen vorgesehen. Bin schon jetzt gespannt.