Wie kann ich die Telegabel überholen / reparieren
Viele jammern über die doch recht weiche, klemmende Telegabel von S50/S51 und co. , dabei ist eine Verbessung dieser mit einer einfachen Überholung getan.
Und darum geht es hier, wie überhole ich fachgerecht eine Telegabel am Beispiel einer S50.
Vorarbeiten
Vorab sollte das Spiel des Lenkungslager eingestellt werden.
(Dazu unbedingt die untere Klemmbefestigung der Gabel lösen, ansonsten verspannt sich der Lenkkopf. Das Lenkungslager würde sich dadurch selbständig wieder lösen.)
DIe Telegabel MUSS wie folgt markiert werden.
Beide Tragrohre sollten in Fahrtrichtung markiert werden, sowie das linke Gleitrohr. Diese Markierungen sind für den späteren korrekten Einbau wichtig.
SIe können mittels Edding, Klebeband oder Körner (nur an nicht sichbaren Stellen bei den Tragrohren oben neben der Federaufnahme) angebracht werden.
Ausbau
Schutzblech, Rad , Bremse, Blinkerhalter sind zu demontieren. Die untere Klemmbefestiung des Lenkkopfs für die Gabel sind schon vorab gelöst worden.
Nach entfernen der Faltenschutzbälge folgt das Prüfen, auf Beschädigungen durch äußere Einflüsse auf der eintauchenden Fläche der Tragrohre.
Dies geschieht durch eine SIchtprüfung der Fläche auf Kerben oder Rost.
Ist eine Beschädigung vorhanden, ist zu prüfen ob diese noch im Eintauchbereich liegt. Hierzu drücken wird das Tragrohr in das Gleitrohr.
Rechts sieht man ein Tragrohr welches sichtlich im eintauchenden Bereich beschädtigt ist. Schrott!!!
Spezialwerkzeug. Es benötig wird eine (schließende) Sprengringzange (vom Louis Universal Set rate ich ab, dieses ist selbst für den Hobbyschrauber zu schlecht) und eine passende 10er (M6) Nuss mit Knarre oder T-Griff.
Zum Trennen der Bauteile Trag/Gleitrohr muss die im unteren Bereich
(im einzelnen Gleitrohr ist hier die Nuss zu sehen )
Mutter Bild fehlt
(hier die Postion der Mutter)
.. gelöst werden.
Das Tragrohr habe ich in einen Schraubstock eingespannt.
Das Gleitrohr wird nach oben gedrückt und dann die Mutter gelöst. So können wir unsere Pfoten (Hände ) sowie Werkzeug vor dem (wenn noch vorhandenem) Öl schützen.
Danach kann das Gleitrohr nach unten hin abgezogen werden.
Die braune Flüssigkeit ist ein Öl/Rostgemisch.
Danach sollten Trag/Gleitrohr gesäubert werden um sie besser sichten zu können.
Die Tragrohre unterliegen einem gewissen "normalen" Verschleiß.
Dies kommt daher, daß im Betrieb das Gleitrohr von vorne über die Achse belastet wird. Das Gleitrohr kippt im unteren Bereich nach hinten, der obere Bereich nach vorn. So reibt das Tragrohr dann am Gleitrohr.
(Die Rohre haben sich "aufeinander" eingeschliffen. Um daraus keine nachteilige Funktion zu erhalten beim Wiedereinbau, haben wir die Rohre markiert.)
Hier sieht man im vorderen Bereich des Tragrohrs eine matte Oberfläche. Weiter rechts eine fast polierte. Die polierte Stelle ist der (ein normaler) Verschleiß. Hier wurde die harte Chromschicht am weichen Alu glattgeschliffen. Dieser Bereich (untererteil des Tragrohrs) ist in Fahrtrichtung. Im Gleitrohr wurde über den ganzen Bereich Material abgetragen.
Ist dieser Verschleiß zu groß, muss die Gabel getauscht werden. Sie kippt ansonsten im Betrieb immer mehr, bis sie klemmt.
Meine Gabel weist folgendes Schadensbild auf:
An dem hinteren Rohr sind Riefen zu erkennen. Diese wird eine Ursache von Fremdkörpern in der Gabel sein, warscheinlich Rostpartikel.
Das vordere Rohr ist total verschlissen, hier sieht man, daß die Chromschicht komplett abgeschliffen wurde und der unbehandelte Stahl schon rostete.
- Trag- und Gleitrohre sind hier ein Fall für den Schrott.
(Ich verwende bei der weiteren Beschreibung diese Gabel komplett weiter. Eine neue habe ich mir vorab schon besorgt (ich wusste, daß das so kommt).
Sind keine Schäden oder normaler Verschleiß nicht vorhanden, legen wird das Tragrohr noch auf eine Glasplatte und Prüfen ob es krumm ist.
(Wer ein Haarlineal zur Verfügung sollte dieses natürlich nutzen)
Nun wird das Tragrohr von seinen Innereien befreit.
Hierzu benötigen wir die Sprengringzange mit welcher wir den Sprengring unterhalb des Tragrohr / oberhalb der Anschlagscheibe entfernen.
Fertig:
Weiter muss sie nicht zwingend zerlegt werden, außer es sind weitere Teile beschädigt wie der Federaufnahmestab.
(Von oben nach unten)
Mutter M6, Unterlegscheibe , Dichtring (nicht zusehen) , Kegel , Federaufnahmestab, Anschlagblech, untere Federaufnahme (Unterlegscheibe/Mutter), Feder , obere Federaufnahme.
(Hier sind Hobbytuner am Werk gewesen, eine 5 Teilige Feder)
Der Federaufnahmestab ist gerne verbogen, diesen kann man richten.
Die obere Federaufnahme , mitwelcher die Gabel oben an den Lenkkopf mittels Schraube befestigt wird, sollte genauer betrachtet werden. Bei diesem weichen Aluminiumgußstück löst sich gerne das Gewinde auf.
Für die Feder gibt es ein mindestlängen Maß. (wird nachgetragen ich finde mein Repbuch gerade nicht).
Ich empfehle die Feder allerdings gleich zu tauschen. Ich ersetze diese gegen welche vom Simson SD50 Albatros. Die haben einen dickeren Federdraht und sind härter. Händler bieten diese gerne als "verstärkte" Federn an.
(links SD-Feder, rechts das Original)
!DIe SD-Federn sind auch mal schlecht geformt. Es kann vorkommen, daß diese nicht in das Tragrohr passen, der Gesamtdurchmesser der Feder stimmt dann an einer Stelle nicht. Diese kann man vorsichtig mit einer Zange zusammen drücken. Die Feder lassen sich evt. auch schwer auf die Federaufnahmen drehen, dann das Ende des Federdrahtes anspitzen/feilen! Die Feder kann mit zähem Haftfett aus der Dose gegen Rost geschützt werden. (nicht zuviel) !Keinen Lack als Rostschutz verwenden, dies wird abplatzen, sich im Öl sammeln und die Gabel verschleißen lassen.
Wir entfernen noch schnell den Simmerring im Gleitrohr um uns dem Zusammenbau zu widmen. ( Es empfiehlt sich ein kleines Blech beim Hebeln unter den Schraubendreher zu legen umd die Flanken es Rohrs nicht zu beschädigen)
Einbau/Zusammenbau
Zuerst wollen wir den eben entfernten Simmerring durch einen neuen ersetzen.
3 Typen sind mir bekannt. Einlippenring (schwarz wie Original verbaut), ein Zweilippenring (links im Bild) und ein Zweilippenring mit zusätzlicher Zugfeder.
Der Simmerring sitzt relativ straff in seinem Sitz, das hat den Grund das dieser sich nicht, unter Druck in der Gabel, nach oben wegschießt (bei schnellem Eintauchen z.b. Schlaglöchern)
Bei der S50 sind im oberen Bereich des Tragrohrs nicht wie bei der S51 Entlüftungsbohrungen, wo dieser Druck entweichen kann. (So ist die Gabel der S50 auch etwas mehr Druck gedämpft).
Den Simmerring drückt man bis zum bündigen Abschluss in seinen Sitz und kann bei Bedarf auf den äußeren Ring des Ringes mit einem Dorn eintreiben. Der Ring besitzt in dem Bereich einen Metallring , so zerstört man ihn dabei auch nicht.
Die Feder sollte fest in den Federaufnahmen und an den Anschlägen sitzen. Hierzu können die Enden der Feder mit einer Zange leicht angedrückt werden.
Hier sieht man den Kegel und auf ihm eine kleine runde Vertiefung. Hier sitzt ein O-Ring. Dieser dichtet die Gabel nach untenhin ab. (Ich habe hier eben mal ne alte Vergaserwannendichtung zurecht geschnitten)
Das Gleitrohr spanne ich verkehrt herrum in den Schraubstock und fädel den Federaufnahmestab mit den Anbauteilen von unten ins Rohr. Oben kann man nun die Unterlegscheibe und Mutter ansetzen.
An der unteren Federaufnahme ist eine Aufnahme für einen 14er Maulschlüssel um beim Festschrauben der Mutter oben, den Federaufnahmestab gegenhalten zu können.
Das zu dem Gleitrohr gehörende Tragrohr wird danach von unten auf die Feder/Stab geschoben. Das Anschlagblech wird in seine Postion gedrückt und der Sprengring eingesetzt.
(Sprengringe werden nach dem Einbau auf den richtigen Sitz geprüft. Er sitzt richtig , wenn er sich mit einem Schraubendrehen , welcher an einer der Flanken der Öffnung angesetzt wird, drehen lässt. )
!Anschlagblech , dieses lässt das Öl von unten in der Gabel ins Tragrohr entweichen, wenn die Gabel zutief eintaucht!
Nun kann die Gabel umgedreht und das Tragrohr eingespannt werden. Wir befüllen nun die Gabel, Simson gibt hier Hydrauliköl GLP36 mit einer Füllmenge von 34ml (0,034L) vor.
ICH bin immer gut mit Telegabelöl der Viskosität 5w - 15w gefahren.
Es empfiehlt sich angesichts des doch recht hohen Verschleiß es MZ Reparaturhandbüchern nachzumachen und einen Molykote Zusatz zu verwenden. Dies wird bei Mz verwendet, da die Gabelrohr aus recht unterschiedeliche Materialen bestehen und dies den Verschleiß steigert.
Molykote ist ein hoch wirksames Schmiermittel und mit Grafit zu vergleichen, welches aus recht großen Partikeln besteht welche sich zwischen die Bauteile setzen und dort als "Lager" wirken.
(Mos2 <- Molybdän)
Die Gabelrohre können nach der Befüllung vorsichtig zusammen geschoben werden. ! Vorsicht die Simmerringe nicht beschädigen!
Nun ist der Fahrer gefragt, sollen es Fältenbälge (Seite oben) oder Staubabstreifer ->
sein.
Der Faltenbalg hat den Vorteil, das er den kompletten Eintauchbereich nicht nur frei von Schmutz hält , er lässt auch unschönen Rost im oberen Bereich im verborgenen. Im Winter sind diese Bälge unerlässlich, da teilweise bei der Fahrt Wasser am Tragrohr gefrieren kann und dies beim Eintauchen der Gabel die Simmerringe/Staubabstreifer killt.
Der Staubabstreifer... er streift nur den Staub ab. Lässt aber die Front des Fz. netter erscheinen. Für Sonntags und Schönwetterfahrer die "schönere" Lösung.
Ist der Abstreifer an der "Dichtfläche" zum Tragrohr beschädigt , gelangt Sand und Staub darunter und verbleibt dort. Diese Dauerverschmutzung führt zum schnellen Tod der Simmerringe.
Nun muss die Gabel ans Moped, hier bei sollte aber auch auf einiges geachtet werden.
Wir schieben die Tauchrohre und drehen diese in ihre ursprüngliche Postion (aha die Markierungen). Sollte bei der Überholung die Tragrohre für noch gerade so gut befunden worden sein, kann man ihnen trotzdessen zu etwas weniger Kippspiel verhelfen indem man die Tragrohre um 180° dreht. Nun liegen nicht mehr verschlissene Tragrohrunterseite und der verschlissene Bereich der Gleitrohre aneinander, sondern eine "frische" Tragrohrunterseite und der verschlissene Bereich der Gleitrohre.
(Ist aber ein Teil zusehr verschlissen, sollte man dies auch nicht mehr tun.)
Dabei ich darauf zu achten, das die Oberefederaufnahme NICHT in ihrem Sitz im Tragrohr sitzt.
Ansonsten würde man beim verdrehen dabei die Gabel Vor - oder Nachspannen.
Danach drückt man die Gabel an den Gleitrohr noch oben sodass die oberen Federaufnahmen sich in ihren Sitz drückt. Nun die Befestigungsschraube der Gabel oben durch die Gabelbrücke in die Federaufnahme schrauben und festziehen (ich hatte weiter vorne mal was über das Material gesagt.. also nicht zufest). Danach können die Schrauben der Klemmbefestigung angezogen werden.
Bremse und Rad werden eingehängt und die Achse danach eingefädelt.
DIe Achse sollte im linken Gleitrohr durch ihre Bohrung leichtgängig sein.
Dann schrauben wir die Mutter an die Achse und zeihen sie fest. Erst DANACH schrauben wir die Klemmbefestigung der Achse unten am linken Gleitrohr fest (nicht zufest , das Rohr wird sonst verbogen, !ALU!).
Nur so ist gewährleistet das sich die Gabel selbstständig auf der Achse ausrichtet und sie nicht schieft sitzt.
Dabei darf das Schutzblech nicht montiert sein!
So viel Spaß beim überholen.
Ergänzend: Verschlissene Gleitrohre und Tragrohre (wie z.B. hier) , können repariert werden! Es besteht die möglichkeit die Gleitrohre zu bohren und eine Buchse einzusetzen. Die Tragrohre können durch entchromen, drehen und neu verchromen ebenfalls instandgesetzt werden.
Bei Simson allerdings überstiege solch eine Reparatur bei weitem die Kosten für 1-2 wenn nicht sogar mehr Gabelpaare . Eine neue Gabel ist ab ca. 120euro beim Händler erhältlich.