"Man lernt nie aus". Wie wahr ist dieser Satz, wenn ein endzwanziger Geisteswissenschaftler, der vorher als fahrbaren Untersatz immer nur Fahrräder repariert hat (das allerdings nicht ohne Erfolg) auf das Land zieht und als Mobil kein Auto möchte und auch keinen plastikbewehrten Entenroller, sondern ein müffelndes 2-Takt-Gefährt.
Über Umwege an einen rüstigen Rentner geraten, der Simsons, IWLs, Javas und Cie. dutzendweise im Stadl hortet und auch selbst repariert. "Simson, DDR - und sowas empfiehlst du mir?". Man lernt nie aus. Die Vorteile liegen auf der Hand, die Nachteile - "musst aber öfter mal was schrauben" oder "also mir gefällt die ja gar nicht..." - als unwichtig oder subjektiv beiseite gewischt.
Der Rentner zeigt seine Schätze, der Student staunt und achtet auf wichtige Dinge wie Farbe, Form und Flugrost. "300€ plus Instandsetzung, werden dann wohl so 700€ am Ende sein". Halbautomatik, klingt irgendwie verlockend für einen, der an Fahrrädern meist maximal einen Gang verbaut.
Der Student holt nach einigen Tagen den Vogel ab, kurzer Check - man hat sich ein wenig schlau gemacht - Blick in den rostfreien Tank, Auspuff kalt, springt dennoch auf den ersten Kick an, Reifen mit Profil. Dem Rost wird er schon beikommen, dem Dreck ebenso.
Und, "mutig" wie er ist, ab nach Hause, die erste motorisierte Zweiradfahrt seit 10 Jahren, 55km Fahrt. Immerhin an eine winddichte Jacke gedacht, in der Oktoberdämmerung nicht ganz verkehrt. Dafür das Nummernschild vergessen und dafür von einem Bekannten auf dem Weg das seiner Vespa bekommen und einen zu großen Helm. Doch, es geht alles gut, der Schaltvorgang ist nach 150 Metern verstanden, die Polizei auf dem Land grüßt freundlich und die Freundin steht schon mit der Polaroid zu Hause parat. Ein guter Abend.
Kein guter Morgen: Ölflecken in der Garage, nach der Dreckentfernung kommt noch mehr Rost zum Vorschein und ein tropfendes Getriebe. Man liest DAS BUCH, man liest das Nest, man probiert, man scheitert, man probiert nochmal, man franst aus, man flucht, am Ende schafft man es doch. Fahrt zum Bäcker, fluppfluppflupp. Luftdruck war doch gut, Reifen mit Profil, wo ist das Problem? Pneumant. Klingt unbekannt. Oh, veraltet, verhärtet. Man lernt nie aus.
Man flucht, man schwitzt, der Reifen ist über die Felge. Die Jeans verdreckt, das Ventil defekt, durch Wandern leicht gerissen.
Und wisst ihr was? Ist in Ordnung. Es ist Winter, die Sonne scheint, das Konto gibt neue Reifen und Schläuche her und im Frühjahr schau ich, dass die Schwalbe noch Nachwuchs bekommt, ich kenne da so ein paar "Um-die-30", denen würde eine Simme gut stehen.