Regenerierter Zylinder, Geräusche - muss ich mir Sorgen machen?

  • Vorweg, ich weiß, es ist schwierig hier ohne Video- und Soundfile etwas über Geräusche aussagen zu können. Ich werde auch versuchen, so etwas hier zu verlinken. Da das Problem aber nicht beim Standgas, sondern bei Tempo 30-50 auftritt und ich mit dem neuen Kolben im Zylinder eine Hand sicher an der Kupplung wissen möchte, habe ich noch kein Video machen können.


    Jetzt zu den Beschwerden meines Vogels (KR51/1 BJ73):
    Vor zwei Wochen wurde neuer, regenerierter Kolben/Zylinder eingebaut. Er musste getauscht werden, weil Zylinder-Krümmer-Anschluss so zerschliessen war, dass der Auspuff beim Fahren mehrmals abgefallen ist. Reperaturmutter hat nichts gebracht.


    Habe den regenerierten Zylinder meiner Meinung nach die ersten 200km sachte eingefahren, nur max. Tempo 45. Das ständige Anfahren im Stadtverkehr macht es allerdings schwierig, die Drehzahl nicht hochzujagen.
    Die weiteren 200km bin ich auch schon mal konstant Tempo 50 gefahren und dabei für wenige Sekunden Volllast gegeben.


    Ich hatte von Anfang an das Gefühl, der Zylinder klingt komisch und zwar beim Anfahren im oberen 2. Gang und unteren 3. Gang. Es ist eine Art Knistern oder Spratzeln, so als würden ganz kleine Kieselsteine herumgeschleudert. Es ist also kein Rasseln, wie man es sooft von anderen als Problembeschreibungen hört.


    Ich hatte den Eindruck, es wurde mit der Zeit schlimmer. Und wenn ich länger konstant Tempo 50 gefahren bin, klang der Motor irgendwie schrill. Das ist aber schwierig zu beurteilen unter einem Integralhelm, dass können auch banale Fahrtwindgeräusche sein, die ich überinterpretiere.


    Nun zu meinem wirklichen Problem: Heute nach nur 5km macht meine Schwalbe plötzliche einen Höllenlärm. Es klang so, als wäre der Auspuff wieder vom Zylinder geknallt. War er aber nicht! Aus Angst vor einem möglichen Kolbenklemmer oder sonstigen fürchterlichen Sachen innerhalb des Zylinders habe ich die Schwalbe sofort ausgemacht und für eine Zigarettenlänge geparkt.


    Nach einer Weile klang der Vogel auch wieder normal, nach Hause ging es aber nur im Schneckentempo, weil ich nicht mehr wagte den Motor hochzudrehen.


    Meine Fragen wären:
    Wie ist dieses Knistern zu beurteilen?
    - Können das Symptome eines schlecht verbauten bzw. schlecht eingefahrenen Zylinders sein?

    Wie ist das plötzlich dröhnende Geräusch zu beurteilen?

    - Ist das nur eine defekte Krümmerdichtung - warum trat sie dann nur so kurz auf?
    - Sind das Anzeichen eines Kolbenklemmers?


    Ich bin für jeden Hinweis, vor allem aber für Erfahrungen dankbar, die aussagen, was für Klanggeräusche ein wirklich zerschossener Zylinder macht.

  • ich versuche zunächst mal zu beschreiben was ich als "knistern" kenne (auch von m53 fahrzeugen)


    mit steigender drehzahl und bei relativ weit geöffnetem vergaser kommen erst ein paar unregelmäßige klick geräusche, die dann immer häufiger kommen und bei hoher drehzahl schließlich zu durchgängigem knistern werden. meine alltagsmöhre machte das mit ihrem neuen motor anfangs recht häufig. ich habe damals eine neue vape eingebaut, deren langlöcher unpassig gefertigt waren, sodass ich den zündzeitpunkt nicht früh genug einstellen konnte (ca 1,2mm vor ot).


    kurzer exkurs zum thema zündzeitpunkt:
    zu jeder gegebenen drehzahl existiert ein optimaler zündzeitpunkt, der genau so liegt, dass das gemisch ganz kurz nach ot vollständig durchgebrannt ist. somit ist zu diesem zeitpunkt druck und temperatur (kurz: energie) im brennraum maximal. durch die abwärtsbewegung des kolbens wird dem gas energie entzogen, es verringert sich also der druck und das gas kühlt sich dabei auch ab.
    wird später gezündet, brennt das gemisch noch, während der kolben schon wieder abwärts saust. demzufolge wird das energieniveu durch den temperatureintrag der verbrennung währenddessen noch wieder angehoben, sodass das gemisch zu dem zeitpunkt, wo der auslass auf geht, wärmer ist als bei optimalem zündzeitpunkt.


    ergo: je später der zzp, desto heißer wird der motor


    nachdem ich die langlöcher nachgearbeitet habe und den zzp auf 1,5 vor ot stellte, wurde das knistern deutlich weniger. da es offenbar temperaturabhängig war, wird dieses knistern das klassische klopfen durch selbstentzündung sein. ganz weg habe ich es noch nicht, ich habe aber auch noch nicht wirklich weiter gesucht. klopfen tritt immer auf, wenn zu hoch verdichtet wird oder die karre zu heiß läuft. heiße verbrennung kommt entweder von einem unpassenden zündzeitpunkt oder zu magerem gemisch. entweder passt mein zzp also immer noch nicht, oder ich habe ein nebenluftproblem, oder meine hauptdüse ist zu klein / der schwimmer zu niedrig.


    zu hohe verdichtung kann von einer zeitungspapier-zylinderfußdichtung oder einem zu weit geplanten kopf kommen. ich habe an meinem knistermotor die quetschspalte noch nicht gemessen, eigentlich wollte ich da immer schon mal einen vergleich mit meinem knisterfreien motor machen.


    der zylinder ist ordentlich geschliffen worden, hat nen originalen kolben verbaut bekommen und alle kanalkanten sind gebrochen. daran liegts also denke ich nicht. eingefahren habe ich den auch vernünftig.


    um deine frage zu beantworten: der zylinder selbst ist eher nicht die fehlerquelle, durch starke überhitzung kann es zu kolbenklemmern kommen (bei mir bislang seit einigen 1000 flott gerahrenen km allerdings nicht)


    warum du zwischendurch lärm hattest, dazu fällt mir nichts ein. vor allem nicht dazu, dass sich das nach einer pause wieder repariert hat.

  • Meine Meinung: Wenn die Geräusche sich derartig äußern dass du dir nicht mehr traust, hohe Drehzahlen zu fahren, könnte durchaus etwas kaputtgegangen sein. Ich denke da insbesondere an gebrochene Kolbenringe oder ein kaputtgelaufenes Nadellager. Im schlimmsten Fall hat es einen Sicherungsclip für den Kolbenbolzen zerhauen.
    Ich würde nochmal demontieren und mit alles genaustens anschauen. Nach Möglichkeit vermessen (Into-Meßgerät für Zylinder und Bügelmesswerkzeug f. Kolben).

    Insbesondere die Verbrennungsrückstände/-verfärbungen am Kolbenhemd sollten nur bis zum Kolbenring reichen und nicht darunter. Der Bolzen sollte gut schwimmend im Nadellager hängen und kein merkliches Höhenspiel aufweisen. Die Sicherungsclips müssen richtig in der Rille drin sein mit der Öffnung nach oben oder unten. Die Kanäle dürfen keinen Grat haben.

    Ein zu heiß gelaufener Motor kann tatsächlich gerade beim Einfahren zu kleinen Klemmern führen, die wiederrum zu Defekten in der Garnitur führen können - was im Fall eines kaputten Kolbenrings zum Beispiel zu unnormalen Geräuschkulissen führt.

    Ein später ZZP führt erfahrungsgemäß aber eher zu einem heißen Krümmer während der Zylinder normale Temperatur hat. Ein zu früher ZZP ist noch gefährlicher, da das Gemisch bereits vor OT vollständig abgebrannt ist und keine innere Kühlung mehr gewährleistet wird.

  • moeffi: danke für deinen ausführlichen Beitrag. nach dieser Antwort (warum der motor bei später Zündung wärmer wird) habe ich lange gesucht - und hier nur durch Zufall entdeckt. Sehr logisch und einfach erklährt.


    grüße
    Sascha

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