Hallo.
Nachdem ich mit einem Kumpel letztes Jahr bereits 3.200 km mit zwei Schwalben bis Riga gefahren bin, leider aber zu faul war, die Reise hier kurz zu schildern, will ich diesmal nicht denselben Fehler machen und Euch im Folgenden von unseren Erlebnissen auf unserer diesjährigen Simsontour gen Osten berichten.
Nachdem wir in der Nachbetrachtung zur Tour im letzten Jahr festgestellt hatten, dass wir damals zu viel gefahren sind, wollten wir dieses Mal weniger Strecke in ähnlicher Zeit zurücklegen, so das mehr Zeit für Relaxen usw. bleibt und man nicht überall nur vorbeirast
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Als Ziel der Reise suchen wir uns Bratislava, die Hauptstadt der Slowakei, als am weitesten von Zuhause entfernten Punkt aus. Die ungefähre Route wird kurz von der Abfahrt geplant, dann noch eine Karte gekauft (Marco Polo, Maßstab 1:700.000 , super Idee ;() und schnell zu Gönne’s Zweiradcenter – ein paar Ersatzteile kaufen (Bowdenzüge, Schläuche, Glühlampen, Sicherungen, Zündspule etc.).
Nun noch schnell die Mopeds beladen – zwei von uns vertrauen auf günstige Packtaschen von Polo, ich entscheide mich für eine Gepäckrolle
Los geht’s.
Mit von der Partie: Zwei Schwalben KR 51/2E (beide Jhrg. 1982) und eine S51 mit Elektronikzündung (k.A. welches Modell genau …) (ebenfalls Jhrg. 1982) http://www.pictureupload.de/pi…3920_Simsontour_Start.jpg
Zuerst nach Dresden.
Anschließend auf in die Tschechische Republik. Die Grenzbeamten sind sehr freundlich, lachen unser GPS-Navigationsgerät aus http://www.pictureupload.de/pi…183508_Simsontour_GPS.jpg und bemängelten nicht mal das nicht mehr sichtbare Nummernschild an der S51. Wetter ist prima, Möps laufen – herrlich.
http://www.pictureupload.de/pi…ntour_Fr_hst_ckspause.jpg
Nach einem Tag Camping im tschechischen Niemandsland geht’s weiter nach Prag. Schöne Stadt, wenn nur nicht alle Zimmer in den Hostels schon voller mehr oder weniger betrunkener Engländer oder Iren wären … . Nach zwei Tagen weiter in den Süden an die Grenze zu Österreich. Wunderschöne Landschaft, aber die Hügel werde immer höher und unsere Mopeten kämpfen. Schnell zeichnet sich ab, dass die S51 nicht nur in der Endgeschwindigkeit nicht groß über 57 km/h hinauskommt, auch am Berg zieht sie deutlich schlechter als die Schwalben. Zusätzlich scheppert’s irgendwie im Motor - *Panik verscheuch* erstmal nicht weiter drüber nachdenken.
Meine Schwalbe ist offenbar der Meinung, eins von drei Mopeds mit Problemen sei nicht genug und beschließt, bei weniger als 1/3 Tankfüllung regelmäßig einfach mal auszugehen. Ich reagiere darauf erst mal kaum, schließlich springt sie nach einer Minute warten immer wieder an und läuft Problemlos weiter. So langsam macht sich aber die Vermutung breit, dass sie bei nicht vollem Tank zu wenig Sprit bekommt. Dabei hatte ich doch vor der Fahrt den Tank entrostet (Dank Euren Tipps im Forum übrigens mit Oxalsäure – hat bestens funktioniert) … na ja, weiter geht’s.
Nach Wien rein fahren wir aus versehen wenige Kilometer auf der Autobahn, was wirklich nicht angenehm ist. Wenigstens hupt der Österreicher nicht so schnell und aggressiv, wie es der deutsche Autofahrer zu tun pflegt. Dass aber alle Bundestrassen zu Autostraßen oder Autobahnen werden, wenn sie in eine große Stadt reinführen, ist einfach … sch**ße.
Wien ist schön, aber zu teuer. Also nur eine Nacht beim Kumpel wohnen und weiter geht’s nach Bratislava. Ist ja auch echt dicht. Einfach nur 50 km an der Donau entlang, kurz über die Grenze et voila http://www.pictureupload.de/pi…Simsontour_Bratislava.jpg . Schöne Stadt, teure Hostels. Schnell noch an alle Bekannten Karten schreiben „Ja, Mopeds laufen super … bis hierher fast ohne Probleme … etc. pp.“. Sogar an Gönne’s wird geschrieben - die werden Augen machen.
Da schon einige Zeit ins Land gegangen ist, fahren wir nicht Richtung Krakau nach Polen, sondern noch einmal durch quer durch den Nordosten von Tschechien. Ist kürzer und darum sicherer, schließlich braucht man ja immer etwas zeitlichen Puffer, für den Fall einer Panne. WIE WEISE. Ab diesem Tag ist irgendwie der Wurm drin. Es gibt kaum noch Zeit, in der wir vernünftig mit unserer Reisegeschwindigkeit von 50 km/h (30 bergauf und 70 bergab ) vorankommen. Ständig muss auf die S51 gewartet werden. Sie kommt einfach die Berge nicht mehr hoch. http://www.pictureupload.de/pi…184943_Simsontour_17_.jpg Seltsam, wo doch die Schwalben recht problemlos (schön im zweiten Gang) die Steigungen bewältigen. Woran kann das liegen? Moment! Waren nicht bei einer Kontrolle in Prag schon die Schrauben am Zylinderkopf nicht 100% fest? Vielleicht hat sie schlechte Kompression und darum keinen Zug?
Kontrolle: tatsächlich, es sind nicht alle Schrauben fest. Problem: es lassen sich auch nicht mehr alle festziehen – Gewinde sind scheinbar nicht mehr die besten, na super.
Wir schleppen uns weiter. Kleinigkeiten, wie Vergaser neu einstellen, Bremsen säubern und dickere Unterlegscheiben rein machen oder den Ausbau meines extra Benzinfilters im Benzinschlauch (was die Lösung des Problems mit dem mangelhaften Benzinnachschub bei halbleerem Tank war), fallen neben den Problemen mit dem Zylinder kaum noch auf. (Fast) jeder Morgen beginnt mit schrauben, (fast) jeder Abend endet so. Langsam aber sicher macht sich eine gewisse „Schraubermüdikeit“ unter uns breit.
Zu allem Überfluss zieht die S51 nicht nur immer schlechter, mittlerweile kann man richtig hören, dass Luft aus der Zylinderkopfdichtung entweicht. Grässliches Geräusch.
Mit letzter Kraft kommen wir in dem kleinen Ort Stare Mesto (Altstadt) an, in dem laut unserer Karte ein Campingplatz sein soll. Nur weiß das im Ort selbst offensichtlich nicht jeder. Egal. Auf einem kleinen Sportflugplatz (der sogar mit dem Campingplatz der Karte gemeint war) dürfen wir unser Zelt aufstellen. Puh. http://www.pictureupload.de/pi…_Zeltaufbau_Flugplatz.jpg
Der Mechaniker des Flugplatzes bietet uns über den englisch Sprechenden, an einem Flugzeug schraubenden Piloten (Englisch spricht auf dem Land kaum einer) an, sich das Moped mal anzuschauen. Schließlich hat er große Zweiradschraubererfahrung an seiner Babetta gesammelt. http://www.pictureupload.de/pi…07195529_Jawa_Babetta.jpg
Nun gut, wir sind über jede Hilfe dankbar. Als erstes führen wir ihm vor, wo das Hauptproblem liegt. Mittlerweile ist der Zylinderkopf so locker, dass man von außen sehen kann, wie es im Zylinder explodiert. Wow, selbst in diesem Zustand geht der Motor nicht von alleine aus. Schon tolle Dinger, diese Simsons.
Nachdem auch der Flughafenmechaniker die ausgelutschten Schrauben und Gewinde nicht mehr fest bekommt, wird der Zylinder abgenommen. Oh weh, mit den Gewindestangen geht nix mehr. Wir brauchen neue. Da können wir ja gleich noch neue Kettenritzel und eine neue Kette mitbesorgen. Schließlich haben wir in den letzten Tagen abends immer Teile der Kette aus dem Polradseitendeckel geholt, die macht’s auch nicht mehr lange.
Ein Bekannter des dolmetschenden Piloten kennt einen, der kennt einen … der kann Simsonteile besorgen. Dauert aber bis morgen Nachmittag.
Macht nichts. Wir haben Zeit und werden prima unterhalten von der auf dem Flugplatz trainierenden tschechischen Kunstflugauswahl mit ihren Segelfliegern und Motorfliegern. http://www.pictureupload.de/pi…_Simsontour_Flugzeuge.jpg
Am nächsten Abend sind alle Teile angekommen und verbaut. Jetzt nur noch proforma eine kleine Testspritztour, dann kann es morgen ja weitergehen. Zu unserem Schock müssen wir feststellen, dass die Simson noch immer nicht zieht und durch die Reperatur nun zwar der Zylinderkopf dicht auf dem Zylinder sitzt, jedoch unter dem Zylinder Öl austritt. Da hat’s wohl die Papierdichtung unter dem Zylinder hinter sich … . Ersatz ist nicht da, so hilft uns der Pilot mit hitzebeständigem Silikon. Das Silikon muss bis morgen ein wenig trocknen – erst dann kann der Zylinder ganz fest aufgesetzt und festgeschraubt werden. Wir machen uns Mut mit ein paar Bierchen und gehen hoffnungsvoll schlafen.
Die Probefahrt am nächsten Morgen besiegt auch den letzten optimistischen Gedanken an eine rechtzeitige Heimkehr, diese verdammte Karre will einfach nicht laufen. Sie zieht so wenig, dass man gar nicht mehr anfahren kann … toll.
Haben wir wirklich alles kontrolliert? Zündung passt, Vergaser passt, Zylinder passt, Motor dreht ohne Schleifen. „Kann es am Auspuff liegen?“ „Glaub ich nicht, aber lass mal reinschauen, dann haben wir es wenigstens versucht.“
An dieser Stelle lasse ich Bilder sprechen:
http://www.pictureupload.de/pi…09_Simsontour_Auspuff.jpg
http://www.pictureupload.de/pi…ontour_Auspuff_brennt.jpg
Ein Tipp an alle, kontrolliert vor langen Touren IMMER auch euren Auspuff, auch wenn ihr das „vor noch gar nicht sooo langer Zeit“ schon gemacht habt ;)!
Nachdem der Auspuff von innen pikobello sauber ist, schnell noch ein Abschiedsfoto von uns und dem Reperaturteam, und weiter gehts. http://www.pictureupload.de/pi…sontour_Reparaturteam.jpg
Der Rest der Rückfahrt lief dann problemlos. Noch kurz durch Polen, wo wir von der örtlichen Polizei in Glogow in die Innenstadt eskortiert werden, weil sie unsere Simsontour so toll finden und uns unbedingt helfen wollen.
Glücklich und erschöpft kommen wir nach drei Wochen Fahrt über 2.000 km Strecke durch fünf Länder wieder in Berlin an.
Fazit:
1. Gute Vorbereitung ist das A und O. Darum merke: Mache Deinen Auspuff sauber!!!
2. Auf Karten in einem Maßstab über 1:500.000 sind die meisten kleinen Orte und Straßen nicht drauf.
3. Die Ersatzteile, die man mitnimmt, braucht man nicht. Es geht immer kaputt, was man nicht dabei hat.
Schön war’s.
http://www.pictureupload.de/pi…1_Simsontour_Panorama.jpg
Danke für’s Lesen dieses Pamphletes. Wenn mir noch was einfällt, dann ergänze ich.
Wer Fragen hat, der frage.
Über Kommentare freue ich mich.
MfG
Fabian