Kurbelwelle Untermaß?

  • Liebe Vogelfreunde,


    nach langer Coronapause konnten wir endlich wieder mal eine AG starten und haben gerade eine 51/1 Bj. 79 in der Mache. Der Motor ist gespalten und geputzt und wird jetzt nach und nach wieder zusammengebaut. Beim linken Kurbelwellenlager gibt es jedoch ein Problem (oder auch nicht, daher die Frage ans Forum): Gestern die originale Kurbelwelle kalt in heißes Lager (alle neu von SKF) eingesetzt, fühlte sich alles gut an, heute lässt sie sich von Hand aus dem Lager ziehen, Radialspiel ist aber nicht erkennbar. Untermaß? Grundsätzlich ist die originale KW vom Fachmann als noch gut befunden worden, die Schwalbe stand fast 30 Jahre unbewegt in einer Garage und hat glaubhafte 5000 km. Das Spalten ging auch ohne größeren Kraftaufwand.

    Könnte man damit leben, wenn die Verbindung zum rechten Lager so ist, wie sie sein soll und kein Spiel zulässt, oder muss die KW auf jeden Fall neu?


    Danke und viele Grüße,


    Sebastian

  • Hallo Sebastian,


    wenn es schon eine Kurbelwelle mit Nadellager ist, könntest du das Lager mit Loctite 638 auf den Wellenstumpf aufkleben.

    Wenn es noch eine Bronzebuchsenwelle ist, würde ich eine neue mit Nadellager einbauen und zukünftig mit einem Gemisch 1:50 fahren.


    Viele Grüße

    nachbrenner

  • Untermaß? Ja, das gibt es - und nein, Kleben hilft da nicht, da fehlt mitunter einfach zu viel.


    Was ist da los? Original DDR Planerfüllung ist da los. Kurbelwellen mit untermaßigen Wellenstümpfen (natürlich gerne auch links und rechts unterschiedlich!) wurden nicht als Ausschuss deklariert, sondern mit Farbpunkten markiert. In der Endmontage hat man dann dementsprechend ebenso untermaßige und gekennzeichnete Lager verbaut, und schon passt's wieder.


    Wenn man so eine Kurbelwelle heute nochmal verwendet, im frisch regenerierten Motor mit maßhaltigen Lagern aus moderner Produktion, dann dreht die Welle gerne mal im Innenring des Lagers hohl.*


    Was tun? Entweder die Nummer mit dem untermaßigen Lager wiederherstellen (gibt's sowas heutzutage überhaupt?), oder in den teuren Apfel beißen und eine neue Kurbelwelle verwenden.


    *Ratet mal, wie ich das herausgefunden habe.

  • Danke für den aufschlussreichen Beitrag...tatsächlich betrifft es auch die rechte Seite, nach Farbpunkten schaue ich morgen. Die Stümpfe sehen nämlich gar nicht so aus, als ob die Welle im Lager schonmal hohl gedreht hätte. Wenn jetzt also hier niemand mehr kommt und schreibt, dass es einen Motor mit 50tkm und geklebten Lagern gibt, muss sie halt neu ;(

  • Naja, Loctite 638 wurde genau für solche Fälle entwickelt. Beständig gegen Benzin und Öl, Temperaturfest bis +180°C, Spaltüberbrückung bis 0,25 mm (!) - da kannst du fast schon durchgucken.

    Ich würde es kleben.

  • Naja, Loctite 638 wurde genau für solche Fälle entwickelt. Beständig gegen Benzin und Öl, Temperaturfest bis +180°C, Spaltüberbrückung bis 0,25 mm (!) - da kannst du fast schon durchgucken.

    Ich würde es kleben.

    Und wenn es nicht klebt, aus was für gründen auch immer?

    dann wird das ganze nochmal gemacht. nochmal neue lager, nochmal neue dichtungen, nochmal zeit, arbeit und frust.

    warum nicht gleich richtig?


    es ist ein lernprozess es gleich richtig zu machen und nicht nach günstigeren alternativen zu suchen.

    alternativen sind zu 90 prozent scheisse...

    ich zitiere mal:

    "Ratet mal, wie ich das herausgefunden habe"

    manche kennen mich, manche können mich

  • Man muss sich doch einfach mal die Beanspruchung an der Kurbelwelle anschauen:

    bei 5000 U/min drück das Pleuel 5000 mal pro Minute mit ca. 4 PS auf die KW

    welche gerade erst den OT überschritten hat.

    Stell dir einen Preßlufthammer vor, der dort über die KW auf die Lager einwirkt.


    Ich rate dringend davon ab, am Innenring des KW-Lagers zu kleben.

    Der kapitale Motorschaden ist so vorprogrammiert.


    LG Kai

    Ich bin nicht perfekt, aber ich arbeite dran.. ;)

  • Kurze Info zur KW: Es scheint wirklich eine original Untermaßige zu sein, da die alten Lager im Gegensatz zu den neuen sich nicht von Hand draufschieben lassen. Und könnte der bräunliche Fleck (es ist kein Rost) auf dem Pleuellager besagter Farbpunkt sein?

    Grüße, Sebastian

  • Große Spaltmaße mit Kleber zu überbrücken mag vielleicht gehen ... aber wer zentriert die Welle in diesem Spalt, damit das hinterher auch rund läuft und die neuen Lager und Wellendichtringe eben nicht gleich wieder zernudelt?


    Richtig: Niemand. Deswegen entweder passend untermaßige Lager verbauen oder die KW neu machen.


    PS: Die originalen Infoblätter zu dem Thema, inklusive der Farbcodes, kann man dir im ddrmoped.de Forum bestimmt heraussuchen. Dort habe ich sie einst schonmal gelesen, finde das alte Thema aber nicht mehr.

  • Ganz andere Frage: Der Motor ist ja definitiv nicht viel gelaufen. Könnte man denn nicht einfach die alten Untermaßlager (kein Rost, keine Riefen, soweit ich sehe) wieder einbauen? Klar, Lager macht man immer neu, aber das Originale versuchen zu erhalten kann ja auch ein Ansatz sein.

    Viele Grüße,

    Sebastian

  • Der braune Fleck auf dem Hubzapfen wird alte Dichtmasse sein, Bärendreck o.ä.

    Braun als Farbkennzeichnung der Toleranzabweichungen ist mir jedenfalls bisher nicht untergekommen. Weiß, gelb, grün, blau und schwarz haben Über- oder Untermaße gekennzeichnet.


    Vielleicht kannst den Kurbelwellenzapfen und den Lagerinnenring mit einem Elektroschreiber rundum großzügig "bearbeiten", damit ein Festsitz entsteht. Statt Elektroschreiber sollen "Experten" auch schon in Reihe geschaltete Autobatterien und eine aufgedröselte Litze vom Kupferkabel verwendet haben ... :D Zusätzlich kleben halte ich auch für möglich.

  • Nö, hab ich leider nicht mehr. :(

    Irgendwann hatte ich mal in einer ehemaligen Simson-Vertragswerkstatt im Grimmen das Informationsblatt in der Hand, auf dem geschrieben stand, welche Toleranzabweichungen vom Sollmaß nach dem ISO-Paßsystem , also über- oder untermaßige Wellen bzw. Bohrungen in der DDR mit welchen Farben gekennzeichnet wurden und welche Farbmarkierungen dann mit welchen anderen zu kombinieren waren.

  • Hab' da doch noch was in "Dummschwätzers Privatarchiv" :smokin: zu den Farbmarkierungen an der M53/54 Kurbelwelle für Toleranzabweichungen im Tausendstel Millimeterbereich und den entsprechenden Teile-Paarungen gefunden. :)

    Da sieht man, welche Toleranzabweichungen welche Farbmarkierungen hatten.


    Das bedeutet also für die praktische Handhabung, dass die mit "gelb" gekennzeichneten Lagersitze auf Kurbelwellen im Ø am größten sind, dann kommt "grün", schon etwas lockerer, und die mit "weiß" gekennzeichneten Lagersitze sind am untermaßigsten und neigen dementsprechend zum Rutschen und Lockersein, wenn man dafür nicht ein dazu passendes, ebenso untermaßiges Kugellager verwendet.


    Es gab aber, wie oben schon gesagt, auch noch andere Farbmarkierungen.

  • Gerade auf der Resterampe entdeckt: Kurbelwellenhälfte mit Farbmarkierung - nur mal so als Beispiel, wo man die Farbkleckse wohl suchen muss.


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