Zum ersten Mal in Suhl (2004)

  • Ich wußte es immer schon. Meine Frau versteht mich nicht.
    "Du tust ja gerade so, als gingst du auf große Fahrt! Was soll der ganze Aufwand?" So kommentierte sie meine Reisevorbereitungen für die Fahrt nach Suhl. Reise? Sind 150 km eine Reise? Mit dem Auto bewältigt man das auf der linken Backe. Mit dem Fahrrad wäre das eine satte Tagestour. Und mit dem Roller? Keine Ahnung! Ich mache das zum ersten Mal.


    Dementsprechend gründlich fällt auch meine Vorbereitung aus. Da wären zunächst einmal die Karten. Laminierte Farbkopien, sowohl von der Reiseroute, als auch von der Umgebung von Suhl, im Maßstab 1:400.000 sowie 1:200.000. Ist das übertrieben? Oh, nein. Ich weiß genau, ich habe einen Orientierungssinn wie Hänsel und Gretel. Ohne Karte bin ich aufgeschmissen.


    Der Schlafsack ist noch einwandfrei. Das Zelt ist ein Billigding aus dem Baumarkt aber es hat mir schon auf vielen Fahrradtouren gute Dienste geleistet. Nur 1,5 kg und hoffentlich noch dicht. Anders als die Luftmatratze. Die läßt Luft. Aber nur minimal, und ich kann ums Verrecken das Loch nicht finden. Nunja, für eine Nacht wird es reichen.


    Das alles kommt in die blaue Sporttasche, aber wie kriege ich die auf dem Roller fest? Sie wird auf den Soziussitz gesetzt, die Tragegriffe werden am Heckbügel festgeschnallt. Damit sie nicht nach hinten wegrutscht wird sie vorne noch mit einem Gurt gesichert. Nun sitzt sie bombenfest.


    Am nächsten Tag in der Firma unterhalte ich mich mit einem Kollegen über Routenplaner. Irgendwie kommen wir auf meine Fahrt nach Suhl zum Simson-Treffen zu sprechen.


    "Oh, nach Suhl fährst Du? Wie weit ist das von hier?"


    "Etwa 150 Kilometer."


    "Fährst Du mit dem Roller?"


    "Na klar, sonst macht das doch keinen Spaß!"


    Jetzt erst bemerkte ich das Leuchten in seinen Augen.


    "Willst du mitkommen?" fragte ich ihn.


    Er nickte begeistert.


    Thomas ist eine rheinische Frohnatur mit einem ansteckenden Grinsen. Ein prima Kerl und guter Kumpel. Er fährt eine MZ mit Beiwagen, die Maschine hat er mit geringer Laufleistung original von der Volkspolizei Schwerin gekauft und das ganze Studium hindurch gefahren. Eine echte Honecker-Harley, wie ich später erfahren sollte. Kann ich mit meinem 50er Roller da wohl mithalten? Schließlich läuft Schaukelpferdchen auf der Geraden nur knapp über 60.


    "Mach dir keine Sorgen" meinte er. "Ich fahre mit dem Gespann auf der Landstraße auch nicht schneller als 80. In den Kurven muß ich aufpassen, daß es mich nicht auf die Gegenfahrbahn trägt. Insbesondere Rechtskurven sind übel. Ich fahre also einfach hinter dir her."


    Mittwochabend stellte sich die Getränkefrage. Ich fuhr zum Wieshayer, meinem Lieblings-Getränkemarkt. Am selbstgekelterten Apfelsaft vorbei steuerte ich zielstrebig auf das Bier zu. Was nehmen wir? Büchenbacher Bockbier mit 7,1 Vol%? Zu stark, schließlich will ich die Simsonisten ja nicht abfüllen. Ich nehme das normale Büchenbacher, und Flinderer-Bier gibt es auch. Also je 6 Flaschen zu einem halben Liter. Der Typ an der Kasse staunte nicht schlecht, daß ich 12 Flaschen Bier kaufte und als Fahrzeug nur einen Roller hatte. Ich selbst war auch nicht minder überrascht, daß man in einem Roller tatsächlich locker ein Dutzend Bierflaschen unterbringen kann. Wirklich praktisch, so ein Helmfach.


    Am Donnerstagmorgen hatte das lange Warten ein Ende. Den Roller hatte ich am Vorabend schon beladen, es fehlten nur noch ein paar Kleinigkeiten wie Karten, Butterbrote und eine Flasche Wasser für die Fahrt. Das alles packte ich ins Cockpit, dann ging es endlich los.


    Zuerst zu Thomas nach Buchau. Er stand mit seiner "Emme" schon auf dem Hof und wartete auf mich. Wir verkabelten und prüften die Funkgeräte ( SwallowKing: Funken während der Fahrt macht wirklich Sinn! Es ist immer hilfreich, wenn man sich verständigen kann.), dann fuhren wir endlich los.


    Wir waren noch keine 500 m gefahren, da waren wir uns schon über die genaue Fahrtroute uneinig. Ich wollte geradeaus fahren, Thomas bog links ab. "Wo willst du hin?", fragte ich über Funk. Die Antwort war etwas unverständlich, später haben wir die Mikros richtig am Helm angebracht, um die Verständigung zu verbessern. Na gut, dachte ich, er wird schon wissen, wo man am besten fährt. Also ab nach Norden, am besten westlich an Bayreuth vorbei.


    Auf einigermaßen verschlungenen Nebenstraßen gelangten wir nach Trockau, einem entzückenden kleinen Dorf, dessen wichtigste Eigenschaft der Autobahnanschluss und die Dorfdisko sind. Letztere ist weit über die Gemeindegrenzen hinaus bekannt und berüchtigt. Obwohl das Straßennetz dort recht übersichtlich ist, schaffe ich es trotzdem immer wieder, mich dort zu verfahren. Deswegen ließ ich Thomas den Vortritt.


    Kurz hinter Trockau kam uns eine Gruppe Wanderer entgegen. Die Herren waren mit bloßem Oberkörper unterwegs (es hatte hier morgens um halb neun höchstens 14 °C), zwei von ihnen zogen einen Bollerwagen, dessen Inhalt sich nur vermuten ließ. Mir fiel auf, daß sie alle munter marschierten und durchaus noch geradeaus laufen konnten. Irgendwie hatte ich die Vermutung, daß sich dies im Laufe des Tages noch ändern würde.


    Kurze Zeit später hatten wir dann die Bescherung: Straße nach Obernsees gesperrt, Umleitung. Na gut, also fahren wir die Umleitung. Die ist zwar ein Umweg (das haben Umleitungen so an sich) und bringt uns noch weiter nach Westen, aber dennoch schafften wir es, uns mehr oder weniger elegant an Bayreuth vorbeizumogeln.


    Bei Heinersreuth (nördlich von Bayreuth) schlugen wir nach langem Sturzflug auf der B85 auf, die soll uns nach Kulmbach zu Simmiopi bringen.


    Soweit die Theorie. Die Praxis sah etwas anders aus. Was nützt eine detaillierte, präzise und hundertprozentig genaue Wegbeschreibung (von Simmiopi), wenn sie im Handschuhfach von Schaukelpferdchen liegt (das kann ich während der Fahrt nicht öffnen, dazu müßte ich den Zündschlüssel abziehen, dazu bin ich nicht wahnsinnig genug!) und der Fahrer (in diesem Fall meine Wenigkeit) sich einbildet, den Weg auch so zu finden.


    Wir fuhren also auf einer gut ausgebauten vierspurigen B289 Richtung Rehau. Bei der ersten Abfahrt packte mich der Zweifel. Hier rechts ab? Egal, zu spät, und anhalten is nich. Also weiter, aus Kulmbach heraus. Die Plassenburg rechts auf dem Berg nahm ich kaum wahr. An der nächsten Ausfahrt runter von der Straße und rechts ran, im Handschuhfach wühlen. Wir zwei komischen Gestalten mit ratlosen Gesichtern und noch komischeren Fahrzeugen erregten offenbar die Aufmerksamkeit eines vorbeikommenden Radfahrers. Wo wir denn hinwollten? Ich nannte ihm die Straße und äußerte die Vermutung, daß ich wohl falsch abgefahren sei. Nicht schlimm, meinte er, hier die Parallelstraße zurück, dann hinter der Tanke rechts ab. Gesagt, getan, gefunden!


    Moral von der Geschicht:
    1. Auf der Kulmbacher Umgehungsstraße kann man nicht anhalten, um auf die Karte zu schauen. Sowas macht man vorher!
    2. Manchmal kommt Hilfe von unverhoffter Stelle.
    3. Der kürzeste Weg ist nicht unbedingt der einfachste.


    Wir fuhren also bei Simmiopi auf den Hof. Aber da war keiner! Ich hatte erwartet, ihn dort beim Einpacken anzutreffen. Ah, da kam er schon um die Ecke. Er hatte uns offenbar von der anderen Seite des Hauses hier herumsägen hören (besonders mich, Schaukelpferdchen ist unüberhörbar!). Er führte uns auf die andere Seite des Gebäudes, und da stand er. Ein zwar nicht mehr ganz jugendlicher, aber durchaus noch rüstiger Passat, mit zwei Schwalben beladen. Ich staunte nicht schlecht, hatte aber von anderen schon gehört, daß selbst in kleinere Autos zwei Schwalben reinpassen, wenn man sie platzsparend zerlegt (quetsch, stopf).


    Wir tranken eine Tasse Kaffee, redeten noch eine Weile. Simmiopi mühte sich redlich, mir den Unterschied zwischen Originalersatzteilen und billigen Nachbauten zu erklären, und zwar am Beispiel einer gebrochenen Hohl-Schaltwelle. Einer was? Wieso sind Schaltwellen hohl? Kann man nur bei Wind und Wellen schalten? Ich fahre einen SRA 50, einen Joghurtbecher mit Automatik, brauche ich sowas auch? Nein, aber ich werde mir wirklich bald eine Schwalbe zulegen müssen, und sei es nur, um der Sache mit der hohlen Schaltwelle auf den Grund zu gehen. Oder andersherum: bei der Schwalbe ist die Schaltwelle hohl, beim Plastikroller der Fahrer :D


    --- Fortsetzung folgt (vorausgesetzt es besteht Interesse) ---

    Variomatik ist geil. Schaltung ist geiler!

  • Hast Du die ganzen Details etwa noch alle im Kopf gehabt und erst jetzt niedergeschrieben? Mich beschleicht das Gefühl, Du hast eine schriftstellerische Ader... :D


    Gruß!
    Al

  • ...hihihi, hohl-schaltwelle :) die hat mich simmiopi sogar einbauen lassen. is gar nicht so schwer.


    schreib weiter, ivanhoe! macht spaß zu lesen.


    mfg
    anke (die in suhl mit irgendwas nach prof schmeißen wird)

  • Ach du wart es mit dem Simson Joschiei. Ich würde lieber auf einer Schwalbe umsteigen. Aber gut ist Geschmacksache.

    Berlin hat nach 18 Jahren wieder eine Grenze!! Es lebe die EU

    • Offizieller Beitrag

    Weil hier irgendwo in den tiefen meiner Festplatte (möglicherweise nichtmal auf diesem, sondern dem alten Rechner) ein von Fön geschriebener Bericht rumgeistert, der auch viele Monde nach dem Treffen noch nicht den Weg ins Nest gefunden hat :rolleyes:


    MfG
    Ralf, besser im Gefechtsanzug nach Suhl reisend...

  • Prof,


    der allein wird Dir vermutlich nichts nutzen. :D :D :D
    Kannst doch mit schwerem gepanzerten Fahrzeug und der vollen Bewaffnung anreisen (vielleicht stellt Dir ja die Stadt Mainz das Personal und Material zur Verfügung, das gestern schon dort im Einsatz war - für unseren "Lieblingspräsidenten").


    Aber soweit ich weiß ist phoenix bestechlich! :)) :))


    Quacks der ältere

    • Offizieller Beitrag
    Zitat


    Original von Quacks:
    (vielleicht stellt Dir ja die Stadt Mainz das Personal und Material zur Verfügung, das gestern schon dort im Einsatz war - für unseren "Lieblingspräsidenten").

    Das hat Dabbelju ja wieder mitgenommen...


    Aber zu dem Thema schweig ich mich lieber aus, sonst reg ich mich wieder unnötig auf :rolleyes:


    MfG
    Ralf

  • Echt schöner bericht.... und pünktlich zum nächsten suhltreffen.
    Naja roller fahrer sind ja in der regel immer ein bisschen
    langsamer! :D ;) :smokin:
    "Ich fahre einen SRA 50, einen Joghurtbecher mit Automatik"
    das du das jetzt auch eingesehen hast! :)


    nicht böse sein ich mach och nur spaß :bounce: !

    Wer schneller schraubt steht länger in der Werkstatt.

    • Offizieller Beitrag
    Zitat


    Original von Prof:
    Weil hier irgendwo in den tiefen meiner Festplatte (möglicherweise nichtmal auf diesem, sondern dem alten Rechner) ein von Fön geschriebener Bericht rumgeistert, der auch viele Monde nach dem Treffen noch nicht den Weg ins Nest gefunden hat :rolleyes:


    MfG
    Ralf, besser im Gefechtsanzug nach Suhl reisend...



    Tzzz, und du regst dich auf, daß ich so lang gebraucht hab, dir die DVD zu brennen... ;)



    Aber jetzt ist die Zeit ja ideal, den Bericht zu veröffentlichen, und du blamierst dich noch nichtmal dabei...


    Gruß,
    Richard

  • hi, schwarzer Ritter!


    Als Nicht-in-Suhl-2004-Dabeigewesene-aber-vielleicht-2005-Dabeiseiende bin ich natürlich schrecklich an der Fortführung deines Berichts interessiert und kann mich nur anschließen: schriftstellerisches Talent!
    Macht Spaß zu lesen!


    Und wenn du nicht weiterschreibst, werde ich es dir beim Chat Stück für Stück aus der Nase ziehen! :))


    Überleg's dir also gut!:)


    Gruß
    Lillith

  • Von hohlen Schaltwellen, strahlendem Sonnenschein und starkem Kaffee beflügelt machten Thomas und ich uns auf den Weg. Simmiopi wollte noch fertig einladen und dann nachkommen.


    Nördlich von Kulmbach ein ausgedehntes Waldgebiet, rechts gelegentlich ein Sägewerk, wunderschöne Täler im gleißenden Sonnenlicht und kurvige Straßen wie man sie nur erträumen kann. Herz was willst du mehr?


    Mittlerweile war es richtig warm geworden, traumhaftes Motorrad/-rollerwetter. Der Rest der Fahrt ist mir nur noch bruchstückhaft in Erinnerung.


    In Sonneberg stellten wir fest, daß die Strecke gesperrt war. Früher als Radfahrer habe ich solche baustellenbedingten Sperrungen immer ignoriert (und bin eigentlich gut damit gefahren). Aber mit dem Roller? Thomas war dafür, es einfach mal zu probieren. Und tatsächlich: Auf der Baustelle war Ruhe (kein Wunder an Vatertag), ca. 50 Meter lockere Schotterpiste mit faustgroßen Steinen, dann waren wir wieder auf der Hauptstraße Richtung Eisfeld.


    In Eisfeld stellte ich fest, daß mein Schutzengel gut auf mich aufpaßte. Wir wollten links abbiegen und standen vor dicht vor einer Ampel (Kopf im Nacken, wie beim Zahnarzt). Ich war gerade beschäftigt mit weiteren philosophischen Betrachtungen über hohle Schaltwellen, als die Ampel auf grün schaltete. Nur war ich offenbar der einzige, der die grüne Ampel gesehen hatte, die anderen standen noch. Warum fahrt ihr nicht? dachte ich, als ich einen weiten Bogen nach links zog. Ist doch grün! Wie immer beim Linksabbiegen ließ ich rechts von mir noch etwas Platz, für den Fall der Fälle.


    Genau dieser trat jetzt ein: Der Renault von rechts verfehlte mich um eine Handbreit. Was ist denn nu kaputt? dachte ich. Wieso fährt der, wo ich doch grün habe? Und wieso hupen die alle? Irgendwas läuft hier falsch. Ich war mittlerweile wieder am rechten Fahrbahnrand und fuhr bei nächster Gelegenheit mit zittrigen Knien auf einen kleinen Schotterplatz neben der Straße. Thomas klärte mich auf. Er hatte leicht versetzt hinter mir gestanden und konnte die Ampel so besser sehen. Es war tatsächlich noch rot, als ich losfuhr. Irgendein Lichtreflex mußte mich getäuscht haben. Das hätte ins Auge gehen können. _UND ICH HÄTTE SCHWÖREN KÖNNEN: ES WAR GRÜN_.


    So düsten wir also weiter, immer nach Norden, meist ich mit Schaukelpferdchen vorneweg und Thomas mit seinem Gespann hinterher. Das war recht praktisch, zumindest für mich. Er hielt mir den Rücken frei von ungeduldigen Autofahrern, die immer meinen, jemanden mit Versicherungskennzeichen sofort und an den unmöglichsten Stellen überholen zu müssen.


    Thomas sah die Sache etwas anders, ihm rückten die Autofahrer auf die Pelle. Das ist halt das Problem, wenn man mit einem Gespann nur etwa 60 fahren kann. "Da ist ein LKW hinter mir!" rief er über Funk. Na und? dachte ich. Da soll er auch bleiben! "Fahr doch mal rechts ran, damit der überholen kann." Ich legte also eine satte Vollbremsung hin und stürzte mich kopfüber ins Gebüsch. Nein, diese Schilderung ist etwas übertrieben, offenbar hat Thomas das so gesehen. In Wirklichkeit fuhr ich relativ kurzentschlossen rechts ab in einen Feldweg, der auf den ersten 10 Metern asphaltiert war. Thomas, gefolgt vom LKW und drei oder vier PKWs fuhr vorbei und fragte mich besorgt über Funk, ob mir was passiert sei. (O-Ton: "Plötzlich warst du weg.") "Nein, wieso denn?" antwortete ich, "Ich bin halt rechts ran gefahren, damit dieser blöde Brummi vorbeikann." Thomas sagte nichts mehr, aber er dachte sich wohl seinen Teil. Ich hatte damals nur etwa 6 Wochen Fahrpraxis auf dem Roller.


    Damit die Fahrerei nicht langweilig wurde, wechselten wir auch mal ab. Er mit der Emme vorneweg und ich mit meiner Zwiebacksäge tapfer hinterher. Dabei fiel mir auf, daß sein Gefährt anders roch, als man es z.B. von einem Trabbi erwartet hätte. "Hörmal!" fragte ich ihn bei der nächsten Pause. "Was machst du mit deiner Emme, wieso duftet die so? Hast du Chanel No. 5 im Tank?" Nein, das sei Zweitaktöl, versuchte er mir zu erklären (Zweitaktöl? Das fahre ich doch auch!). Er taste sich vorsichtig an das optimale Mischungsverhältnis heran. 1:50 sei ihm zu viel Öl. Eher 1:70 oder 1:80. Wenn sie dann anfange zu klingeln, müsse er halt noch ein bißchen Öl nachkippen. Naja, dachte ich mir, wenn das mal gut geht!


    Interessant war noch das letzte Stück durch den Thüringer Wald, lange Steigungen, dann ein langes Gefälle und wir waren endlich in Suhl. Relativ problemlos fanden wir auch den Flugplatz in Goldlauter, wo wir unter den ersten waren, die eintrafen.


    Aber jemand war noch eher da als wir: Johannes aus Würzburg. Er hing relativ relaxed in seinem Campingsessel - wie er den auf der Schwalbe transportiert hat, ist mir bis heute ein Rätsel. Aber dann kamen wir, und es war aus mit der Ruhe. Ich solle doch vielleicht etwas langsamer tun, winkte er mir zu, als ich - noch im Vollgasrausch von der Anreise - im Tiefflug ca. 1 m neben seinem linken Ohr vorbeibretterte. Recht hat er, dachte ich mir. Also Motor aus und erstmal durchatmen und Bierchen trinken.


    Tatütata und Blaulicht kamen kurz nach uns an mit einem MZ Gespann im Schlepptau. Darin saßen zwei nun vermutlich etwas verwirrte Holländer, die, wie sie uns erklärten, eigentlich ganz woanders hinwollten: zum Simson-Museum. Tatütata und Blaulicht hatten sie unterwegs aufgegabelt und zum Flugplatz mitgebracht. Nachdem wir das bildschöne Gespann eine Weile bewundert hatten, düsten die beiden Holländer wieder ab. Daß ich vergessen habe, ein Foto von dem Gefährt zu schießen, ärgert mich noch heute.


    Thomas hatte noch Anderes zu erledigen an diesem Wochenende, aber er wollte mir vorher noch einen Freiflug spendieren, und zwar im Beiwagen seiner Emme. Die Beiwagenbremse war damals noch ohne Funktion, daher kurvten wir nur ein wenig über den Platz. Dabei bekam ich eine praktische Demonstration, was passiert, wenn ein Gespann (mit besetztem Beiwagen) bremst und die Beiwagenbremse nicht funktioniert: das Ding bricht aus, aber wie! Und noch etwas: Federung? Fehlanzeige! Nachdem ich so ziemlich alle Schlaglöcher auf den Flugplatzwegen entsprechend gewürdigt hatte, machte Thomas sich allein auf den Heimweg. Für mich aber steht fest: Beiwagen fahren ist geil! Nicht einmal Fliegen ist schöner.


    Bald kam auch Simmiopi mit seinem Passat, darin ein Baldachin, zwei Schwalben und diverse Kleinteile, darauf eine Bierzeltgarnitur. Insgesamt ein Umfang an Mobiliar, das ein kleineres Speditionsunternehmen vor Probleme gestellt hätte. In aller Gemütsruhe machte er sich dann daran, die Vögel zusammenzuschrauben und war auch kurz darauf einsatzbereit.


    Wer kam noch alles?


    Also da war Pater-Brown aus Hannover mit Kumpels. Ich glaube, das Zeltaufbauen ließe sich noch etwas materialschonender gestalten, aber dafür hat Pater mal so im Vorbeigehen eine Schwalbe fahrfertig gemacht - zumindest vorübergehend :)


    Auch die Quackse waren da und machten Flugübungen mit ihrem asthmatischen Sperber. Er wollte nicht so richtig, der Vogel, brachte keine Leistung. Irgendwann hielt mir Quacks d.Ä. voller Stolz eine Espressotasse unter die Nase, darin schwamm eine einigermaßen schleimige Brühe (in der Tasse, nicht der Nase!). Espressotasse? Aus Metall, ohne Henkel und mit Bohrungen an der Seite? Sollte ich einen Platzverweis riskieren, indem ich meine Unwissenheit kundtat und fragte, was das denn sei? Er erklärte es mir: die metallene Espressotasse war das Schwimmergehäuse vom Sperbervergaser. Der Sperber hatte länger gestanden, und im Vergaser hatten es sich die Eumeln bequem gemacht. Richtig sauberen Sprit rein und der Vogel fliegt wieder.


    Der Nachtfalke kam mit Kind und Kegel. Während Papa sich daran machte, seinen Kompaktgrill zusammenzubauen bekam Sohnemann das Fläschchen. Dabei musste Big Mamma feststellen, daß auch Säuglinge einen Rückwärtsgang haben. Und während der Kleine seelenruhig an seinem Fläschchen nuckelte, entschied er sich plötzlich, eben diesen einzulegen. Ich hatte es bei den eigenen Kindern schon erlebt, daß sie gelegentlich ihr Fläschchen wieder ausspeien, aber es war durchaus sehenswert, was so ein kleiner Kerl kotzen kann. Währenddessen hatte Papa den Grill zum Laufen gebracht. Bei näherem Hinsehen stellte ich fest, daß die ABE erloschen war: Nachtfalke hatte seinen Grill getunt, er brachte Hitze wie ein kleiner Hochofen. Dabei wissen wir doch alle:
    -=# Tuning ist böseböseböse #=-


    Wie ich feststellen mußte, existiert von mir ein kompromittierendes Foto, dazu besteht ein gewisser Erklärungsbedarf. Nicht daß ich erwarte, mir werde jemand glauben, aber ich kann es ja mal zu erklären versuchen: Irgend jemand war auf die geniale Idee gekommen, Wachsfackeln mitzubringen. Die meisten davon brannten ohne Probleme, nur bei einer zeigte sich ein seltsames Phänomen: die Flammen schlugen nach oben, aber ein großer Teil des Rauches zog durch die hohle Fackel nach unten. Da ich als einziger noch Handschuhe trug, bekam ich die Fackel in die Hand gedrückt. Der Rauch enthielt viele Aschepartikel, und bald war mein linker Handschuh ziemlich verdreckt. Schließlich platzte mir der Kragen. Ich setzte die Fackel an den Mund und blies kräftig hinein. Das Ding fing an zu zischen wie eine Lötlampe, und genau in dem Moment schoß einer der Quackse aus dem Hinterhalt ein Foto. Das Ergebnis meiner Bemühungen war nicht etwa die wohlverdiente Rauchvergiftung, oh nein, die Fackel brannte jetzt endlich wie sie sollte: Flammen _und_ Rauch nach oben.


    Fazit: Mit hohlen Fackeln ist es wie mit hohlen Schaltwellen. Die Dinger sind irgendwie rätselhaft.


    Am nächsten Tag auf der Heimfahrt stellte ich fest, daß ich nicht Zeit gefunden hatte, mit allen Leuten zu reden, mit denen ich gerne geredet hätte, (ich habe auch sicher einige vergessen zu erwähnen). So habe ich mir für Suhl 2005 viel vorgenommen:


    - Ich muß z.B. noch Trollaxt erklären, warum ich so einen Pfuibäh fahre.
    - Ich möchte Oldispezi davon überzeugen, daß auch neuere Simsons was taugen (wird nach den letzten Erfahrungen aber schwierig werden).
    - Myke muß ich davon überzeugen, daß sie das Anfängerschild von ihrer Schwalbe abmacht. Durch ein Anfängerschild gibt frau zu, daß frau nicht fahren kann!
    - Nachtfalke wollte unbedingt mal eine Probefahrt auf einer Automatikschüssel machen. 2004 sind wir nicht dazu gekommen.
    - Ich muß unbedingt länger bleiben und die ganzen Nestler noch besser kennenlernen.


    Die Heimfahrt selbst verlief recht ereignislos. Es wurde kalt und stürmisch, ich erhöhte den Sicherheitsabstand vom Straßenrand aus Angst, von einer Windböe von der Straße gepustet zu werden. Ziemlich durchgefroren kam ich nach etwa dreistündiger Vollgasfahrt zu Hause an. "Na?" fragte meine Frau, "Wie wars? Bist du nicht froh, wieder Zuhause zu sein?" Im Prinzip schon, dachte ich, nach so einer Fahrt. Aber Suhl war klasse. Leider zuviel Regen und zu wenig Zeit. Aber trotzdem steht für mich fest: 2005 bin ich wieder dabei. Aber diesmal mit wärmeren Klamotten. Und mit mehr Fahrpraxis.

    Variomatik ist geil. Schaltung ist geiler!

  • ich denke genbau so wird es mir acuh gehen bis jetzt habe ich nur eine gaaaaanz kleine runde aus der garage raus über den hof und wieder zurück gemacht (10 meter vieleicht) da muss ich noch einiges an fahrpraxis erlangen aber ich arbeite dran feiner bericht

  • Hallo!



    Das ist ja mal ein toller Bericht :)


    Wenn ich auch so gut schreiben könnte.......



    Aber noch mal zum Grill!


    Erstens ist es beim Grill wie beim Auto.
    Man muss beim Tunning nur darauf achten das alles eingetragen wird! :))


    Und ausserdem kann ich doch nix dafür das die im Werk so bekloppt sind und dem Grill zwar GROSSE Luftlöcher unter dem *Kohleblech* verpassen, aber das Blech selber komplett geschlossen ist.
    Da ist doch schon ohne Test klar das sowas nicht funktionieren KANN!


    Also Bohrmaschinen geschnappt.... grösster Bohrer der zu finden war.... und schön 8 Löcher gebohrt (das blech ist Quadratich mit ner Öse in der Mitte). Dann das ganze ohne Test mit nach Suhl genommen..... (ach so, mein Schatz fand das erst garnicht witzig den Grill hatten wir grade nagelneu aus dem Laden)


    Dort ging es mir wie schon 2003 (mit einem noch kleineren Grill).
    Alle grinsen über meinen *Minigrill* aber als ich SATT war und alle anderen noch gewartet haben das ihre 7€ Rundgrills endlich ne schöne Glut bekommen habe ICH gegrinst! *sfg*


    Wer sich von der Hitze des Grills überzeugen will muss sich nur vom 5.5.05 bis zum 8.5.05 in Suhl Albrechts auf dem Flugplatz einfinden!



    mit bestem Gruss


    PAPA N A C H T F A L K E

  • Nachtfalke
    war der flugplatz nicht in goldlauter? oder willst du die armen leutz absichtlich verwirren? :D aber wir wollen nicht kleinlich sein, sooo groß ist suhl ja auch wieder nicht... :))


    ivanhoe
    cooler bericht! hat sich voll spannend gelesen. danke! :bounce:


    ...mal sehen, wann kalle meinen hochlädt, der ist dann auf www.simson-ifa.de zu finden. zumindest teil 1 "hinfahrt"
    weiter bin ich noch nich... *faulsei* :rolleyes:

    • Offizieller Beitrag
    Zitat


    Original von Prof:
    Weil hier irgendwo in den tiefen meiner Festplatte (möglicherweise nichtmal auf diesem, sondern dem alten Rechner) ein von Fön geschriebener Bericht rumgeistert, der auch viele Monde nach dem Treffen noch nicht den Weg ins Nest gefunden hat :rolleyes:


    MfG
    Ralf, besser im Gefechtsanzug nach Suhl reisend...

    Unglaublich, aber wahr!


    Meine Wenigkeit hat den Arsch hochbekommen und den Bericht ausgegraben. Sogar in HTML umgewandelt hab ich ihn schon... Jetzt kann es nur noch wenige Wochen dauern :D


    MfG
    Ralf, der das eigentlich bis morgen fertig haben will

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