Wer keine Nerven hat fährt Baumarktroller - wie eine Jungfernfahrt die Sinne schärft

  • Hallo zusammen,


    nun möchte ich auch mal von meinen - im Gegensatz zu anderen Beiträgen - bescheidenen zwei ersten Touren berichten.
    Zunächst einige Infos vorweg. Ich habe mir dieses Jahr eine KR51/1 gekauft. Wie der Zufall es wollte, wurde genau 38 Jahre nach Erstzulassung der Kaufvertrag unterschieben. Das Schmuckstück habe mich mir quasi selbst zum Geburtstag geschenkt (und mich riesig drüber gefreut... tolles Geschenk von mir an mich). Leider stand sie aber in meiner Heimatstadt in Sachsen und die Überführung stellte sich zeitbedingt als kleines Problem heraus.
    Aber dann im Juni nahm ich mir einfach die Zeit. Ohne nennenswerte Fahrpraxis aber wenigstens fachmännischen Instruktionen und kleineren Instandsetzungen meines Bruders bin ich dann Richtung Erzgebirge aufgebrochen.
    Nach 500m von der Wohnung (ich vollbepackt und vollmotiviert und grad über eine große Kreuzung fahrend) wollte ich hochschalten und zog am Kupplungsbowdenzug... und... der Widerstand löste sich... Teile flogen kreuz und quer und prallten mit einem metallischen Geräusch auf den Asphalt (mein Bruder ist Straßenbauer, ich nicht - aber ist das eigentlich wirklich Asphalt oder irgendwas anderes?)... gut, es waren Kleinteile aber vom Kupplungszug war trotzdem kein Widerstand auszumachen. Also an die Seite gefahren, Motor aus, nach den Kleinteilen gesucht aber ich hatte die Wahl: entweder die Kleinteile auflesen und von vorbeifahrenden LKW mitgenommen zu werden oder auf die Kleinteile verzichten. Wie sagt man: lieber den Spatzen in der Hand, als die Taube auf dem Dach. Von Schwalben is da zwar keine Rede, geschweige dem von Lötnippelaufnahmedingsbums aber ... etwas Schwund ist immer. Kleine Fehleranalyse: Bowdenzug nicht gerissen nur hinten die Aufhängung (die Fachtermini sind mir noch nicht so eingängig). Gut, nebenan eine Fahrradwerkstatt... hingeschoben in der Hoffnung, die könnten was machen. Nein. In der Nähe eine Kfz-Werkstatt. Hingeschoben. Gut, kann gelötet werden. Haben die auch gemacht. (O-Ton: damit kannst ewig fahren, den Zug haben wir zwar gekürzt aber das hält so ewig) Dann ging es über den Umweg zur nächsten Versicherungsstelle, schließlich brauchte ich für das EU-Ausland, weil ich ja über CZ fahren wollte, noch einen grünen Versicherungsschein (obschon ich den nicht brauchte, aber meine Mutter lies mir keine Wahl).
    Dann aber ging es los. Erzgebirge. Super. Berg hoch, runter. Tolles Wetter. Viele kleine Straßen, einige Umwege. Komisches Schalten. Besonders an Kreuzungen. Erster Gang geht entweder gar nicht rein oder rutsch wieder raus... Schaltwippe... mhm.. nicht so ganz normal. Und das nach etwa 30 km von der Heimat. Naja, irgendwie geht es noch. Mal sehen. Weitere 10 km. Geht nicht. Vielleicht auch noch besser hier was machen, als dann in CZ oder Bayern.
    Weiter durch unsagbar kleine Orte bis zum nächsten größeren Ort - da kein Fachmann aufzutreiben. Durchgefragt. Man musste den norderzgebirgischen Dialekt (der bei mir eh verkümmert und kaum noch hörbar ist) nun in einen ... wie sagt man das denn ohne beleidigend zu werden... nun in einen „echten“ erzgebirgischen Dialekt umwandeln, um a) verstanden zu werden und b) sich quasi mit den Einheimischen gut stellen. Nun ja, Ergebnis: 10km zurück, da sei ein Fred, der das richten könnte. Hingefahren, abgestellt, (Nach-)Mittag gegessen und abgeholt - weitergefahren - war halt die Feder.
    Weiter an der CZ-Grenze ins Vogtland gefahren. Diverse Umleitungen und erstmal gewahr geworden, was das für eine Schwalbefahrerin bedeutet, wenn ein Umweg von 20 km ausgeschildert ist. Ätzend.
    Wieder kurz vor der tschechischen Grenze in Bad Brambach Quartier aufgeschlagen und genächtigt. In der JH, idylisch gelegen und die auch eine Garage für meinen neuen Liebling anzubieten hatte.
    Der nächste Tag in aller Frühe bei Regenwetter gestartet und durch Franzensbad und Eger gefahren... dann, weil mir die Straße so unheimlich groß vor kam und ich ja bisschen Landschaft erhaschen wollte, abgebogen in der Hoffnung nach einer pittoresken Landstraße. Schwerer Fehler! Schwerer Fehler! Bin eine Stunde durch böhmische Wälder gefahren, auf Schotterwegen, bergauf- bergab. Die Landschaft, die ich wollte, hatte ich nun in Gänze. Kein Kartenmaterial (nur ne Kopie aus nem Altas). Keine Menschen... bzw. keine menschähnliche Wesen, die ich hätte ansprechen wollen. Außerdem beschränkt sich mein Tschechisch auf genau ein Wort: pivo. Das hätte ich zwar gebrauchen können, nicht zu wenig aber... nicht dort! Kein Ort weit und breit, Orientierung verloren, Tank erschreckend leer - zum Glück noch nicht Reserve.
    Aber doch noch irgendwie aus dieser Einöde herausgefunden und zwar genau an der Stelle, an der ich sie befahren hatte. Schleunigst, aber wirklich schleunigst mit den Flügeln in der Hand wieder auf diese große Straße gedüst und eins, zwo, eins, zwo rüber nach Schrinding - zuvor natürlich nicht an vergünstigter Rauchware drumrum gekommen. Hab mir die (vermeintliche) Strecke im Nachhinein noch mal auf einer Karte angeschaut und verstehe es/mich nicht. Aber echt mal.
    Nun mal nach Schrinding geschaut, was ja ein sehr verschlafenes "Dörfchen" ist. Hunger machte sich bemerkbar. Aber der Schwalbe gings gut... fuhr. Neuen Sprit hat sie auch dankend angenommen. Und dann noch bissl durch die Gegend gefahren - wollte schon immer mal in den Ort Fichtelberg. Denn es verwirrte mich immer, dass es einen Ort gibt, der so weit weg ist, wenn es bei uns doch den Berg gibt. Naja... was soll man sagen. Baustellen, Umwege aber nette Landschaft und ordentliche Straßen. Und so verlief eigentlich dann auch die restliche Tour. Noch ein paar Kirschen erstanden, im Fast-Nirgendwo (das Nirgendwo hatte ich ja kennengelernt) erstanden und genüsslich verzehrt. Ebenso die tschechischen Kippen und glücklich wie eine Weltmeisterin daheim eingerollt. Fantastisch.


    Geschichte zwei: ich komm ja nun schwer von der Schwalbe runter und wenn man drauf schlafen könnte, würde ich wohl in der Garage nächtigen.
    Also: Thüringen-Ausflug, Hohewarte-Talsperre. War schon etwas spät, erst halb fünf von Bamberg losgekommen aber dachte mir, dass das passen dürfte, da es im Juni bekanntermaßen lange hell ist. Nun ja. Nicht lang genug, um das mal vorweg zu nehmen.
    Also losgetuckert, die erste fahrende Schwalbe in Bamberg gegrüßt und es lief gut. Thüringische Grenze überschritten, es wurde schon langsam Abend - das Spiel um Platz 3 zog die Menschen vor den Flimmerkasten aber ich düste über die Berge und überquerte eine Bahnanlage, an der man ja bremst, runterschaltet und wieder hoch schaltet. Kuppluingszug! Kein Widerstand. Diesmal gerissen? Scheiße. Hätt ich doch nen Fachmann rangelassen... oder es selbst angeschaut. Aber das konnte ich ja jetzt mal machen – der Zeitpunkt bot sich an... also bissl hier und dort geschaut (wie es eben so ist, wenn ein Laie wie ein Fachmann schaut... erst mal wichtig tun) Kupplungszug geht noch irgendwie aber es ist keine Spannung mehr drauf. Komisch. Naja... es wird ja eh Nacht... und... haha... schlaues Köpfchen - Pannenhilfe abgeschlossen. Rufen wir doch mal an. Handy gezückt: kein Empfang. Scheiße. Thüringen ist ja nun so schon nicht für seine Überbevölkerung bekannt aber da ging gar nichts... Bis, ja bis ein Auto vorbeifuhr, das man nach nem Handy befragen konnte. Na der hatte natürlich nicht mal ein Handy, welches potentiell Empfang hätte haben könnte - im Übrigen der Beweis dafür, wo ich mich befand. Aber er gab mir den furchtbar schlauen Hinweis, dass ich doch mal an dem "Wohnhaus" klingeln könnte, oder an der "Gaststätte". Nach den Schilderungen kann man sich ja vorstellen, wie die beiden Gebäude (es waren 2 von drei Gebäuden in dem "Ort") aussahen und was die Menschen, wenn solche sich darin aufgehalten hätten, getan hätten. Nun. Die Gleisbauer (am Samstagabend - die armen ...- sind Schimpfworte im Forum erlaubt?) konnten mir dann auch nicht weiterhelfen und im Bahnhof war auch keiner anzutreffen.
    Tja, was tun? Also noch mal ans Werk. Irgendwie muss man das doch hinbekommen. Aber wenn man wenigsten verstehen würde, was da wie funktioniert und wenn man die Angst ablegen könnte, was falsch zu machen. Aber es nützte ja nicht. Der Bowdenzug musste "einfach" straffer gezogen werden. Die Einstellschaube und Rändelmutter hatte der Freak, der den Bowdenzug gelötet hatte, mit dem ich hätte ewig fahren können, ja rausgemacht. Aber glücklichweise konnte ich mit der Rändelmutter den Bowdenzug provisorisch straffen, so dass es lief... zumindest bis diese sich dann irgendwann aus der Verkeilung am Zug löste und wieder kein Widerstand drauf war. Eben Provisorium. Aber ich wollte so schnell wie möglich da weg. Dachte mir, gut.. dann is halt nimmer Schalten. Erster Gang ging, zweiter auch aber man soll das Glück ja auch nicht herausfordern und so wollte ich die letzten 50 km eben im 2 Gang fahren. Naja, hatte sich nach 5 km schnell erledigt, das Vorhaben. Also war die Absicht: nur noch im Dörfern oder dorfähnlichen Ansammlungen schalten. Das ging dann ganz gut, bis ich - wieder aufgrund schlechten Kartenmaterials bzw. fehlendem Kartenmaterial - an jeden Baum anhalten musste um Menschen zu befragen, die nun bierseelig vom Fußball-Schauen kamen. Einmal war ich sogar in einer Kneipe und da hab ich noch gesehen, dass der Kießling ja gespielt hatte (und zwei Bier gekauft). Ach ja... und einmal, also vorher, bin ich an einer großen Leinwand in einer Scheune vorbei gefahren aber ich konnte ja nicht mehr runter schalten und erhaschte nur einen kurzen Blick – nicht mal der Spielstand war zu erkennen.
    Lange Rede, kurzer Sinn: nach einer kleinen Tour (und des Schwalbelichts geschuldeten dunklen Tour) durch den Wald rollte pünktlich um 23 Uhr auf dem Zeltplatz ein.
    Was war ich froh.
    Noch zu Auflösung: am übernächsten Tag hab ich mich noch mal mit dem Bowdenzug beschäftigt, die Einstellschraube rangefriemelt und seitdem hält das... zumindest bis ich nen neuen Bowdenzug .. ja.. ranfriemel... Laie halt!



    Im Übrigen... würde und werde ich gerne weitere Touren machen und hätte wahnsinnig gern Gesellschaft dabei. Also wenn wer was plant, kann er/sie ja mal Bescheid geben. Um den Bowdenzug würde sich vorher noch gekümmert werden... :)

  • Hallo Pixie,


    ja ja, was man mit 38 Jahren (oder meintest Du das Alter der Schwalbe...?) mit einer Schwalbe noch so alles erleben kann. Ging mir als 38jähriger auf der Suhltour, von der ich hier berichtete, auch so, nur halt ohne "Schäden".


    Echt super Berichte von Dir, muss ich schon sagen.


    Vielleicht mach ich ja mal wieder eine Tour Richtung Thüringen, dann ist es nach Bamberg auch nicht mehr sooo weit ;)

  • Naja.... sooo "alt" bin ich noch nicht... die Schwalbe is die 38-jährige...ick bin 11 Jahre jünger.


    Wenn du Richtung Thüringen fährst, kannste auf jeden Fall Bescheid geben! ;)

  • Oh gott Baumarkt Roller :D Ich glaub viele von den teilen sind Todesfallen :P Aber je unverlässlicher ein Roller ist desto spannender anspruchsvoller ist die Tour.

  • Sehr mutig muss ich sagen! ohne eine *kleine* Überholunh hätte ich mich das nicht getraut ! Gabs hier im Nest nicht eine Zusammenstellung von Utensilien, und die ist mega lang ;D

  • Naja, für die "kleine" Überholung hat ja mein Bruder gesorgt und ich arbeite grad dran, dass ich irgendwann mal zu einer "großen" Überholung fähig bin. Dazu lese ich natürlich fleißig DAS BUCH und bin auch auch schon fast durch... bin mal gespannt wie es ausgeht. ;)
    Welche Utensilien-Liste meinst du eigentlich? Mir ist mal eine unter die Nase gekommen, die man zum Kauf mitnehmen soll, damit man nicht vergiss, was alles sein könnte und so ggf. den Preis drücken kann. ;)

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