Kolben und Zylinder

Motor der S 100 mit zwei Zylindern

Kolben und Zylinder sind essentielle Bestandteile des Zweitaktmotors. Aufgrund ihres funktionellen Zusammenhangs werden hier in einem gemeinsamen Artikel behandelt.

Zylinder

Allgemeines

Die Zylinder der Motorserien M53 und M501 bestehen aus Aludruckguss mit eingeschrumpfter Laufbuchse aus Gusseisen. Die Einzige Ausnahme ist der SR 4-1 SK mit M52 Motor, dessen Zylinder komplett aus Gusseisen besteht. Die Zylinderwand wird von insgesamt 4 Kanalöffnungen durchbrochen:

  • Der Einlasskanal mündet in das Kurbelgehäuse und wird von der Unterkante des Kolbenhemdes gesteuert.
  • Die zwei Überströmkanäle verbinden das Kurbelgehäuse mit dem Brennraum und werden von der Kolbenoberkante gesteuert.
  • Der Auslasskanal verbindet den Brennraum mit dem Auspuff und wird von der Kolbenoberkante gesteuert.
M52
M53
M53 Zylinder
M53 Zylinder
M53/1
M53/1 Zylinder
M53/1 Zylinder
M53/2
M54
M501

Steuerzeiten

TO DO: Steuerzeiten hier eintragen

Instandetzung

Im Laufe der Nutzung verschleißen Kolben und Zylinder, was sich in abfallender Kompression und Leistungsverlust zeigt. Ausserdem fängt der Kolben bei zu groß gewordenem Einbauspiel an zu rasseln.

Verschleiß feststellen

Möchte man wissen, wie es um die Garnitur bestellt ist, kann als erster Schnelltest der Krümmer abgeschraubt, und mit einer Taschenlampe in den Auslass geleuchtet werden. Wenn man sich den Kolben nun durch drehen am Polrad passend hin dreht, kann man sehen ob die Kolbenringe noch alle vollständig an ihrem Platz sind, und ob der Kolben unterhalb der Ringe stark geschwärzt ist. Dies ist ein Zeichen für verschlissene Kolbenringe: Sie dichten nicht mehr richtig ab und das Abgas drückt an ihnen vorbei.

Zylinderverschleiß an einem M501, gemessen von net-harry

Möchte man Gewissheit haben, demontiert man Zylinder und Kolben, und nimmt die Ringe vom Kolben. Dann setzt man die Kolbenringe von unten in den Zylinder und schiebt sie mit dem umgedrehten Kolben ein Stück hinein. Anschließend misst man per Fühlerlehre den Kolbenringstoß. Neu liegt dieser zwischen 0,1mm und 0,2mm. Die absolute Verschleißgrenze liegt bei 0,7mm.

Der Zylinder selbst verschleißt tonnenförmig, wie man anhand der nebenstehenden, von net-harry erstellten Grafik schön erkennen kann.

Möglichkeiten der Reparatur

Wenn die Zylindergarnitur verschlissen ist, hat man zwei Möglichkeiten der Reparatur:

Neue Granitur

Man kauft sich eine neue Garnitur aus Nachfertigung. Achtung, es ist viel Müll auf dem Markt. Günstige Nachfertigungen stimmen teilweise grob nicht mit den Originalmaßen überein, weswegen die Leistungsentfaltung deutlich schlechter ist als mit Originalteilen oder guten Nachfertigungen. Die bislang besten Nachbauzylinder gibt es von der Firma Almot.

Ausschleifen
Von verschiedenen Bearbeitungsverfahren hervorgerufene Oberflächenstrukturen

Man lässt den originalen Zylinder ausschleifen. Dies ist bei diversen Onlinehändlern und Motorinstandsetzern möglich. Dabei wird der Zylinder zunächst auf das nächst größere Maß ausgeschliffen und anschließend gehont. Dass beide Arbeitsschritte ausgeführt werden ist wichtig, da Honen lediglich ein Verfahren zur Oberflächenbearbeitung ist, aber die Geometrie nicht ändert. Ein tonnenförmig verschlissener Zylinder lässt sich also nicht wieder "geradehonen". Anschließend wird der ausgeschliffene Zylinder mit einem neuen Kolben in entsprechendem Übermaß bestückt.

Schleifmaße der Zylinder

M53 M501
40,00mm (ab Werk) 38,00mm (ab Werk)
40,25mm 38,25mm
40,50mm 38,50mm
40,75mm 38,75mm
41,00mm 39,00mm
41,25mm 39,25mm
41,50mm 39,50mm

Sinnvolle Nacharbeiten an neuen / ausgeschliffenen Zylindern

Man sollte dem Drang, die neue Garnitur sofort zu montieren und los zu knattern widerstehen und vor der Montage folgende Arbeiten ausführen:

  • Alle Kanalkanten in der Zylinderlaufbahn mit feinem Schleifpapier brechen / leicht abrunden. Frisch geschliffen fühlen sie sich noch scharf an, so lange schleifen bis sie nicht mehr scharf wirken. Das verringert den Verschleiß der Kolbenringe.
  • Aufgrund der Fertigungstoleranzen im Werk sind in einigen Zylindern Kanten in den Kanälen vorhanden. Man kann dem Frischgas einen Gefallen tun, und z.B. Ansaugstutzen und Einlasskanal mit der Rundfeile aneinander angleichen. Selbstverständlich wird auch die Papierdichtung so ausgeschnitten, dass sie nicht in den Kanal ragt.
  • Wer Wert auf eine saubere Optik legt, kann den (gebrauchten) Zylinder Glasperlstrahlen lassen.
  • zu guter Letzt den Zylinder gründlich mit Benzin auswaschen und die Laufbuchse mit etwas Zweitaktöl einölen.

Kolben

Die Simson Kolben sind aus einer übereutektischen Aluminium-Silizium Legierung mit dem Kürzel K20 hergestellt. Die Zusammensetzung ist:

Si(%) Cu(%) Ni(%) Mg(%) Mn(%) Fe(%) Ti(%) Zn(%)
20-23 1,1-1,6 0,8-1,1 0,6-0,9 0,1-0,3 0,5 0,05-0,2 0,2

Kolben und Zylinder müssen genau zueinander passen. Daher gelten für das sogenannte Einbauspiel enge Toleranzen. (0,04mm bei M53; 0,03mm bei M501). Als Verschleißmaß gilt eine Differenz von 0,2mm. In einen Zylinder mit Bohrung 40,02mm gehört also ein Kolben mit 39,98mm.

Funktionsbereiche eines Kolbens

Farbig markierte Funktionsbereiche des Kolbens
  1. Kolbenboden (rot)
  2. Feuersteg (orange)
  3. Kolbenringnuten mit Kolbenringen (grün)
  4. Verdrehsicherung für Kolbenring (dunkelblau)
  5. Bohrung für Kolbenbolzen (violett)
  6. Kolbenhemd (hellblau)

Merkmale eines Originalkolbens

Auf der Innenseite des Kolbenhemdes findet man leicht erhaben eingegossen:

  • K20
  • Das Rohteilmaß des Kolbens (z.B. 40,5)
  • ein sechseckiges Symbol
  • und in meinem Fall eine weitere Nummer, die ich nicht zuordnen kann (64)

Auf dem Kolbenboden eingeschlagen findet man:

  • das Nennmaß des Kolbens (z.B. 39.98)
  • einen in Richtung Auslass zeigenden Pfeil

Die billigsten Nachbaukolben haben das Nennmaß mit Filzstift aufgetragen und sind absolut nicht empfehlenswert. Sie sind nicht Maßhaltig und aus der falschen Legierung hergestellt. Des weiteren sind noch Kolben in Umlauf, auf deren Kolbenboden das Maß per Lasergravur eingetragen ist.

TO DO: Wie gut sind diese Kolben?

Es empfiehlt sich, einen unbenutzten Originalkolben zu erwerben und einen ebenfalls originalen Zylinder für diesen Kolben passend schleifen zu lassen.

Kolbenringe

Die zwei Kolbenringe sind identisch. Ihre Größe richtet sich nach dem Bohrungsdurchmesser des Zylinders. Möchte man die Ringe demontieren, nimmt man drei Blätter aus einer Fühlerlehre und schiebt diese vorsichtig vom Ringstoß aus zwischen Ring und Kolben, bis der Ring überall aus der Nut herausschaut. Vorsicht, die Kolbenringe sind sehr spröde und brechen schnell! Neue Kolbenringe montiert man auf ähnliche Weise, indem man den Ring über drei am Kolbenhemd anliegende Fühlerlehrenblätter langsam auf den Kolben gleiten lässt. vor dem Aufsetzen des Zylinders muss man darauf achten, Dass die Ringstöße sich genau an der Stelle der Verdrehsicherung befinden.

In eine bereits eingelaufene Garnitur sollte man keine neuen Kolbenringe einsetzen. An der glatt gewordenen Zylinderwand laufen diese sich nur langsam und schlecht ein. Daraus folgt Leistungsverlust. Aus Verschleißgründen nur die Ringe zu tauschen ist ebenso Mist. Wenn die Kompression so weit gesunken ist dass gehandelt werden muss, sind nicht nur die Ringe verschlissen sondern auch der Zylinder, sodass wie hier beschrieben nachgearbeitet werden muss.

Montagehinweise

Auseinandernehmen

  • Muttern auf dem Zylinderkopf überkreuz in 1/8 Umdrehungs-Schritten lösen
  • Zylinderkopf abnehmen
  • Zylinder ein Stückchen aus dem Motorblock ziehen
  • einen Sauberen Lappen in die freiwerdende Kurbelgehäuseöffnung stopfen
  • Zylinder vollständig abziehen
  • Sicherungsclips des Kolbenbolzens mit der Spitzzange herausnehmen
  • Kolbenbolzen herausdrücken. Am besten drückt man mit dem Daumen einen etwas dünneren Dorn in die Bohrung des Kolbens, während die restlichen Finger der selben hand den Kolben festhalten. Somit bleibt das Pleuel kraftfrei und kann sich nicht verbiegen
  • Kolben nach oben abziehen, dabei fallen zwei Anlaufscheiben nach unten heraus
  • Eventuell in Richtung Kurbelgehäuse gefallene Bauteile aufsammeln und den Lappen entfernen

Zusammenbauen

  • Sauberen Lappen in die Kurbelgehäuseöffnung stecken
  • Zylinderfußdichtung einölen, Öl einziehen lassen und auflegen
  • Kolbenbolzen probeweise in den Kolben einsetzen. Er muss mit leichtem Druck, aber ohne großen Kraftaufwand saugend in die Bohrung gleiten. Ist die Passung zu locker: zurückschicken, da Ausschussware. Ist die Passung zu eng die Bohrung im Kolben mit einer verstellbaren Reibahle vorsichtig aufreiben. Ansonsten ist die Gefahr, bei warmem Motor Klemmer rund um das Bolzenauge zu bekommen, groß.
  • zwei neue Anlaufscheiben mit etwas Fett an das obere Pleuelauge kleben
  • Kolben so aufsetzen, dass der Pfeil zum Auslass zeigt
  • Kolbenbolzen einsetzen, dabei wie beim Ausbau darauf achten dass man das Pleuel nicht verbiegt. Ebenfalls darauf achten, dass man nicht an einer schief sitzenden Anlaufscheibe hängen bleibt
  • neue Sicherungsclips so einsetzen, dass die Öffnung entweder nach oben oder nach unten zeigt (in Richtung der Zylinderachse). Somit wird vermieden dass der Sicherungsclip durch die Bewegung des Kolbens zum Schwingen angeregt wird und aus seinem Sitz springt.
  • Sicherstellen, dass die Clips sicher und fest in ihrer Nut sitzen
  • Zylinder sauber ausspülen und mit Zweitaktöl einölen
  • Kolbenhaltegabel (zwei Hölzer o.Ä. gehen auch) auf die Fußdichtung legen und an der Kurbelwelle drehen bis der Kolben auf der Haltegabel aufsitzt.
  • Kolbenringe so drehen, dass der Stoß genau an der Verdrehsicherung liegt und oberen Ring mit den Fingern in die Nut drücken
  • Zylinder aufsetzen und mit leichtem Ruckeln über den oberen Kolbenring gleiten lassen
  • zweiten Ring zusammendrücken und Zylinder weiter nach unten gleiten lassen
  • Kopf auflegen
  • 4 Unterlegscheiben auf die Stehbolzen stecken
  • 4 Muttern locker aufdrehen
  • Kickstarter ein paar Mal mit der Hand betätigen
  • Muttern über Kreuz schrittweise anziehen. Anzugsmoment bei neuen Stehbolzen und neuen Muttern: 7-10 Nm (leicht geschmiert).